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ISLAM. OSMANEN. SELIM III. (1203 - 1222 H. / 1789 - 1807). 100 Para (2 1/2 Kurush). Islambul. 1203 H., J. 18. Vs: Toughra, Prägestätte, Prägejahr. Rs: Titulatur. KM 507. OEC 28-05-00 (S. 216). Fa ...
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Osmanlı İmparatorluğu
Devlet-i Âliyye-i Osmâniyye

دولت عثمانیه

Osmanisches Reich

Flagge der Türkei#Flaggen des Osmanischen Reiches
Wappen des Osmanischen Reiches
Flagge Wappen
Wahlspruch: دولت ابد مدت
Devlet-i Ebed-müddet
(Der Ewige Staat)
Amtssprache Osmanisches Türkisch
Hauptstadt Söğüt (1299–1326)
Bursa (1335–1365)
Didymoticho (1361–1365)
Edirne (1365–1453)
Kostantiniyye/Istanbul (1453–1922)
Staatsform absolute Monarchie
konstitutionelle Monarchie (de jure ab 1876)
Staatsoberhaupt Sultan
Regierungschef Großwesir
Fläche 4.800 km² (1299)
5.200.000 km² (17. Jahrhundert)[1]
3.400.000 km² (ohne Vasallen um 1900)[2] km²
Einwohnerzahl 30−35.000.000 (1600)[3]
24.028.900 (1906)
ohne Vasallen[4]
12.600.000 (1922)
Währung Akçe, Kuruş, Lira, Sultani, Para
Gründung 1299
Nationalhymne Zuletzt Reşadiye – für Sultan Mehmed Resad V. (1909–1918)
Expansion und größte Ausdehnung des Osmanischen Reichs zwischen 1481 und 1681
Expansion und größte Ausdehnung des Osmanischen Reichs zwischen 1481 und 1681

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Osmanisches Reich (auch Türkisches Reich; osmanisch ‏دولت علیه‎, İA Devlet-i ʿAlīye, „der erhabene Staat“ und ab 1876 amtlich ‏دولت عثمانيه‎ / Devlet-i ʿOs̲mānīye / ‚der osmanische Staat‘; türkisch Osmanlı İmparatorluğu; veraltet auch Ottomanisches Reich) ist die Bezeichnung für das Reich der Dynastie der Osmanen von ca. 1299 bis 1923. In Europa wurde das Land als „Türkei“ oder „Türkisches Reich“ bezeichnet. Anatolien wurde in lateinischen Werken nach der Landnahme der türkischen Seldschuken bereits seit dem 12. Jahrhundert als „Turchia“ („Türkei“) bezeichnet.[5]

Das Osmanische Reich ging aus den Resten des Sultanats der Rum-Seldschuken hervor und war mehrere Jahrhunderte lang die entscheidende Macht in Kleinasien, im Nahen Osten, auf dem Balkan, in Nordafrika und auf der Krim. Hauptstadt war seit 1453 Konstantinopel (osmanisch Kostantiniyye; heute Istanbul). Im Laufe des 18. und vor allem im 19. Jahrhundert wurden die Osmanen in Auseinandersetzungen mit den europäischen Mächten sowie durch diverse Aufstände anderer Nationen, welche unter osmanischer Herrschaft lebten, nach Kleinasien und in den Nahen Osten zurückgedrängt. Nachdem der osmanische Sultan nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg seine Autorität verloren hatte und in den folgenden Wirren sich eine konkurrierende Nationalregierung unter Mustafa Kemal Pascha hatte durchsetzen können, wurde 1923 als Nachfolgestaat die Republik Türkei gegründet.

Geschichte

Entstehung

Die Überlieferungen über die Anfangszeit des Osmanischen Reiches sind spärlich, wohl, weil es sich um ein kleines unter relativ vielen Beyliks (Fürstentümer) handelte. Diese Fürstentümer waren nach der Zerschlagung des Sultanats der ebenfalls turkstämmigen Rum-Seldschuken in Kleinasien entstanden. Viele wertvolle Bücher und Texte über diese Anfangszeit sind jedoch bei der Zerstörung von Bursa durch Timurlenk 1402 verloren gegangen. Der Namensgeber Osman I. war zu Anfang des 14. Jahrhunderts der Herrscher über einen nomadischen Stamm oder eine Gruppe von Ghāzīs, der bei Söğüt im nordwestlichen Anatolien seinen Sitz hatte, und wird u. a. von Ibn Battuta als „Turkmene“ bezeichnet. Der Überlieferung nach entstammte er dem oghusischen Clan der Kayı aus dem Stamm der Bozok. Turkmene war zur damaligen Zeit ein Synonym für Oghuse.

Ab 1299 machte Osman seinen Beylik zunehmend unabhängig vom Reich der Rum-Seldschuken. Dieses Jahr wird daher traditionell als das Gründungsjahr des Osmanischen Reiches angesehen. Am 27. Juli 1302 führten die Osmanen ihre erste Schlacht gegen eine byzantinische Armee (Schlacht von Bapheus/Schlacht von Koyunhisar), die für die Osmanen mit einem Sieg endete. Dem byzantinischen Gelehrten Georgios Pachymeres nach war es dieser Sieg über eine byzantinische Armee, der Osman Ruhm in weiten Teilen Anatoliens einbrachte. So wird der 27. Juli 1302 als Tag der Dynastiegründung angesehen.[6]

Osman gewann nach und nach die Oberhand über die benachbarten türkischen Stämme und erweiterte seinen Herrschaftsbereich auf Kosten des Byzantinischen Reiches. Nach Paul Wittek spielte die Ghāzī-Ideologie eine große Rolle bei der Kriegsführung und Entwicklung des frühen osmanischen Beyliks. Sie hatten es von Anfang an auf die Eroberung byzantinischer Territorien abgesehen, so dass die ersten Eroberungen an der Grenze zum Byzantinischen Reich (Uc) geschahen und sich Richtung Rumelien fortsetzten. Schließlich belagerte er Bursa und Nicaea (Iznik), die beiden größten byzantinischen Städte in Anatolien. Bursa fiel kurz vor Osmans Tod im Jahre 1326.

Osmans Sohn und Nachfolger Orhan hatte im Jahre 1326 nur ein kleines Fürstentum geerbt, das lediglich knapp halb so groß wie die heutige Schweiz war. Iznik wurde 1331 von ihm erobert, nachdem er 1329 bei Maltepe in der Schlacht von Pelekanon eine byzantinische Armee besiegt hatte. Er machte Bursa zur Hauptstadt, und bis zur Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 blieb es die Grablege der osmanischen Sultane.

Außerdem baute er die Janitscharen (türkisch Yeniçeri, „neue Truppe“) auf, die in den nächsten Jahrhunderten die Elitetruppe der osmanischen Armee darstellen sollte. Sie bestanden ursprünglich aus nichttürkischen Kriegsgefangenen, die unter geistlicher Anleitung des sufitschen Bektaschi-Ordens zu fanatischen und dem Sultan ergebenen Kriegern ausgebildet wurden. Neben ihnen spielte die Reiterei eine wichtige Rolle, vor allem die Sipahi, die schwere Reiterei, die aus (turkstämmigen) Inhabern von Tımar genannten nicht vererbbaren Militärlehen bestand. Weitere Truppeneinheiten stellten die ebenfalls meist türkischen Akıncı, dar, Sturmreiter, deren Lebensunterhalt überwiegend aus der Beute bestritten wurde, und die sich auch im Sklavenhandel betätigten. Gleichzeitig unterhielt die Zentrale eigene Truppen des Sultans, zu ihnen gehörte auch die Leibwache des Sultans, die Kapikuli, während die Provinzgouverneure, die Walis, regionale Einheiten unterhielten, darunter die Serratkuli.

Die Osmanen verdrängten das Byzantinische Reich weitgehend aus Kleinasien. Bei Orhans Tod 1359 war das Reich bereits mehr als dreimal so groß wie beim Tode seines Vaters. Doch hatte er seinen Machtbereich nicht nur auf Kosten von Byzanz ausgedehnt, das 1333 erstmals Tribut zahlte, sondern auch auf Kosten seiner turkmenischen Nachbarn. So brach er 1345 die regionale Macht der benachbarten Karesi. Durch geschicktes Agieren während der byzantinischen Thronstreitigkeiten, die Johannes Kantakuzenos an die Macht brachten, konnte er den Beylik von Aydin an der Ägäis seinem Herrschaftsgebiet einverleiben.

Die Osmanen wurden zu einer Vormacht in Kleinasien. Als der Byzantiner Kantakuzenos Hilfe vom Sultan Orhan Gazi erfragte, nutzte dieser die Gelegenheit und gab ihm 6.000 Mann. Orhan Gazi eroberte einige Gebiete wie die Küstengebiete am Schwarzen Meer und Edirne. Diese militärischen Erfahrungen halfen ihm auch bei der Eroberung Thrakiens. Gleichzeitig weiteten die Osmanen ihre Macht bis Smyrna, Sardes und Milet aus.

Noch zu Orhans Lebzeiten begann die Expansion nach Europa durch Überschreiten des Marmarameers (Marmara Denizi), 1354 wurde mit Gallipoli (Gelibolu) die erste Stadt auf europäischem Boden erobert. 1361 gelang die Einnahme Adrianopels, der zweitgrößten byzantinischen Stadt, nach der Schlacht an der Mariza (1371) folgte der Übergriff auf Makedonien (1371) und Bulgarien (1385 und 1396). 1389 gelang Murad I. in der Schlacht auf dem Amselfeld ein Sieg über die verbündeten christlichen Fürsten aus Serbien und Bosnien und vermutlich noch weiteren verbündeten christlichen Fürstentümern. Dennoch begann parallel die Eroberung Kleinasiens, vor allem von Aydin (1390), aber auch von Mentesche (1390, endgültig 1421) im Südwesten und Germiyan und auch gegen Karaman im Osten, das allerdings bis 1466 widerstand und damit die Expansion nach Osten lange behinderte.

Schwerpunktverlagerung nach Europa

Wenn auch in Kleinasien sowohl durch Krieg als auch durch Heirat Zugewinne stattfanden, war inzwischen der europäische Teil des Reiches der wichtigere geworden. So wurde ab 1385 die militärische Führung einem „Beylerbey von Rumelien“ (dem europäischen Teil des Osmanischen Reiches) und einem „Beylerbey von Anatolien“ überantwortet, wobei Ersterer den Oberbefehl hatte. Viele der charakteristischen Merkmale des Osmanischen Reiches hatten sich zu dieser Zeit schon herausgebildet. Aus den eroberten Gebieten wurden den Kriegern Pfründen – Tımar genannt – gegeben; im Gegenzug mussten sie als Sipahis in der Kavallerie des osmanischen Heeres dienen. Dieses System ähnelte äußerlich dem europäischen Lehnswesen des Mittelalters, allerdings gab es auch große Unterschiede. Es wurden nur Einkunftsquellen, keine Hoheitsrechte, wie etwa Gerichtsbarkeiten vergeben. So entwickelte sich beispielsweise keine Leibeigenschaft.

Als stehendes Heer wurde die wichtige Infanterie von den Janitscharen (türk. Yeniçeri) gestellt, die später vor allem aus der so genannten Knabenlese auf dem Balkan und dem Kaukasus gewonnen, zum Islam bekehrt wurden und eine Ausbildung erhielten, die sie zu fähigen Instrumenten der Machtpolitik des Reiches machte. Andererseits bestimmten diese Janitscharen zunehmend in politischen Fragen mit und stiegen, neben dem Hof mit dem Verwaltungsapparat und dem osmanischen Adel, zu einer dritten Kraft hinter dem Sultan auf.

Sultan Murad I. wurde im Juni 1389 auf dem Amselfeld nach der Schlacht durch einen verwundeten Feind, den serbischen Adligen Miloš Obilić, getötet. Auf ihn folgte Bayezid I. (manchmal auch Beyazıt oder Bayezıt geschrieben), der sich bald daran machte, Konstantinopel, beziehungsweise Byzanz zu erobern, was allerdings noch nicht gelang; Byzanz wurde jedoch erneut zu Tributzahlungen verpflichtet.

1396 mussten sich die Osmanen einem Kreuzfahrerheer unter dem ungarischen König und späteren Kaiser Sigismund stellen, das in der Schlacht von Nikopolis vernichtend geschlagen wurde.

Existenzkrise durch Timur

Eine erste Existenzkrise musste das Osmanische Reich durchstehen, als sein Heer in der Schlacht bei Ankara gegen Timur Lenk 1402 vernichtend geschlagen wurde und Bayezid in Gefangenschaft geriet. Der Gründer der Timuriden-Dynastie hatte innerhalb kurzer Zeit ein riesiges Reich von Nordindien über Georgien und Persien bis Anatolien erobert, das aber nach seinem Tod 1405 schnell zerfiel. Die Verwaltung der Gebiete des Osmanischen Reichs hatte er an die Söhne Bayezids, Süleyman (Rumelien), Mehmed (Zentralanatolien mit Amasya) und İsa (anatolischer Teil um Bursa) gegeben. Diese kämpften in der Folge sowohl um die an Timur verloren gegangenen Gebiete als auch gegeneinander um die Vorherrschaft. In den Kämpfen zwischen den Brüdern wurde Süleyman von einem weiteren Bruder, Musa, 1410 geschlagen, dem wiederum Mehmed 1413 mit Unterstützung von Byzanz eine Niederlage beibrachte (siehe auch Osmanisches Interregnum). Mehmed stellte sich als Sultan des wieder vereinigten Reichs in den folgenden Jahren der Herausforderung, das Land zu konsolidieren und gleichzeitig die alte Größe wiederherzustellen.

Auch die Thronbesteigung Mehmeds Sohn Murads II. lief nicht reibungslos ab. Denn kurz vor Mehmeds Tod machte ein gewisser Mustafa als angeblicher Sohn Bayezids Ansprüche auf den Thron geltend. Vielleicht war dieser Mustafa tatsächlich ein leiblicher Sohn, er wurde aber von Mehmed als „falscher Mustafa“ diffamiert. Sowohl er, als auch ein weiterer Bruder Murads (der auch als „kleiner Mustafa“ (Küçük Mustafa) bezeichnet wird), der von Byzanz als Thronprätendent aufgebaut worden war, wurden hingerichtet. Bei dieser Gelegenheit musste 1422 die Belagerung Konstantinopels wiederum abgebrochen werden. Venedig verteidigte Selânik (Thessaloniki) ab 1423 gegen die Osmanen, denen jedoch 1430 die Stadt, deren Umland längst in ihrer Hand war, endgültig zufiel. Schon zweimal, 1387–1391 und 1394–1403, war die Stadt osmanisch gewesen, dann letztmals byzantinisch.

Wiederaufnahme der Expansion

Mehmed I. empfängt Würdenträger

In Südosteuropa war das Königreich Ungarn zum Hauptgegner geworden. 1440 konnte es die Einnahme der wichtigen Festung in Belgrad abwenden. Vor allem Johann Hunyadi gelangen immer wieder militärische Erfolge, obwohl seine und die Versuche des Papstes, ein Kreuzfahrerheer zur Vertreibung der Osmanen aus Europa zusammenzurufen, in West- und Mitteleuropa kaum Gehör fanden. Drei Jahre später konnte Hunyadi sogar bis ins damals osmanische Bulgarien vordringen.

Auch die Albaner unter Skanderbeg führten einen Unabhängigkeitskampf gegen die Osmanen. 1444 schloss Murad in Szeged einen zehnjährigen Friedensvertrag, der jedoch sogleich von Ungarn gebrochen wurde, um einen vom Papst initiierten Feldzug zu führen. Murad hatte gerade die Macht an seinen Sohn Mehmed II. abgegeben und sich zurückgezogen, trat nun aber erneut an die Spitze des Heers, das die Kreuzfahrer unter dem polnisch-ungarischen König Władysław III. (Polen und Ungarn) in der Schlacht bei Warna vernichtend schlug. Abermals musste Murad 1446 die Macht für seinen unerfahrenen Sohn und Nachfolger übernehmen, um einen Janitscharenaufstand niederzuschlagen, und fügte 1448 den Ungarn unter Johann Hunyadi im Kosovo in der Schlacht auf dem Amselfeld eine schwere Niederlage zu.

Mehmed II. bestieg 1451 endgültig den Thron und bereitete sofort die Eroberung von Konstantinopel, dem „Goldenen Apfel“ vor (bei den Osmanen hatte der goldene Apfel hohe mythische Bedeutung und galt als Objekt allen Strebens und Glücks; später trug Wien diese Bezeichnung). Dieses Ereignis ist oft als Zäsur in der Geschichte verstanden worden, als Ende des Byzantinischen Reichs und Ende des Mittelalters. Tatsächlich hatte Byzanz jedoch zu dieser Zeit kaum noch Macht und beschränkte sich auf kaum mehr Gebiet als das der (wenn auch wichtigen) Stadt Konstantinopel. Für Europa war die Stadt dennoch in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen hielt sie die Wege in den Schwarzmeerraum offen, zum anderen war sie kulturell immer noch von großer Bedeutung.

Byzanz war Mehmed aber auch deswegen ein Dorn im Auge, weil es mit Orhan einen weiteren osmanischen Thronprätendenten aufstellte. Im Fall des „falschen“ Mustafa (siehe weiter oben) hatte ein ähnliches Verhalten zum Bürgerkrieg geführt. Konstantinopel fiel nach 54tägiger Belagerung am 29. Mai 1453. Nach den für diese Zeit üblichen Plünderungen wurde die Stadt die neue Hauptstadt des Osmanischen Reichs, und man versuchte, die alte Bevölkerung – wie Griechen und Juden – zum Bleiben zu bewegen und neue dort anzusiedeln. Die Hagia Sophia wurde zur Moschee „Ayasofia“. Als letzte Überbleibsel byzantinischer Staatlichkeit wurden 1460 die Morea (Peloponnes) und 1461 das Kaiserreich Trapezunt unterworfen.

Auf dem Balkan kamen die Osmanen jedoch nur langsam voran. 1456 konnte Hunyadi die Eroberung Belgrads abwenden und sicherte die Unabhängigkeit Ungarns für die nächsten siebzig Jahre. Allerdings eroberte Mehmed bis 1460 die Peloponnes und den Rest Serbiens. 1470 kam Albanien, 1475 die Krim dazu. 1481 bestieg Bayezid II. den Thron, unter dem sich der Expansionsdrang des Reichs abschwächte. Eine Rolle spielte dabei sein Bruder Cem, der zuerst vom Johanniterorden und später vom Papst als Geisel gegen ihn eingesetzt wurde. Bayezid selbst wurde 1512 von seinem Sohn Selim abgesetzt und womöglich vergiftet.

Selim setzte vor allem im Osten die Eroberungsfeldzüge fort. 1514 gelang ein Sieg gegen die Safawiden in Persien, 1516 gegen Syrien. Schließlich wurde 1516/17 das Mamelucken-Reich in Ägypten zerschlagen. Damit übernahm das Osmanische Reich das Protektorat über die heiligen Städte Mekka und Medina (d. h. den Schutz der Pilgerwege und die Versorgung der Städte) und der osmanische Sultan erhielt mit dem Titel Kalif die eindeutige Vormachtstellung im islamischen Kulturkreis.

Süleyman der Prächtige

Sultan Süleyman I. erweiterte das Reich der Osmanen um ein Vielfaches und begründete den Großmachtstatus

Die Ära Süleyman I. (1520–1566) wird meist als Höhepunkt der Macht des Osmanischen Reichs betrachtet. In der osmanischen und türkischen Geschichtsschreibung erhielt er den Beinamen „Kānūnī“ („Gesetzgeber“), da unter seiner Herrschaft eine Reihe von Gesetzen entstanden, die Lücken in den Bestimmungen der Scharia ausfüllen und das positive Recht festigen und kodifizieren sollten.[7] In der westlichen Welt wird er „der Prächtige“ genannt. Er gilt auch als einer der größten Kunstförderer unter den osmanischen Herrschern. Unter seine Regentschaft fallen etwa die architektonischen Meisterleistungen von Mimar Sinan. Durch viele Feldzüge erweiterte Süleyman das Reich Richtung Westen, Osten und Südosten.

1521 eroberte er innerhalb von nur 3 Wochen Belgrad. Die Festung galt damals als die stärkste auf dem Balkan. 1522 landete er mit seinen Truppen auf Rhodos und nahm die Festung im Dezember 1522 ein. Er ließ die Verteidiger aushungern, welche entkräftet aufgeben mussten. Vier Jahre später wurde in der Schlacht von Mohács, in der Ludwig II. getötet wurde, das Schicksal Ungarns besiegelt. Zwar zog das osmanische Heer noch vor Jahresende vorläufig ab, aber um die Thronnachfolge gab es einen Streit zwischen dem Habsburger Ferdinand I. und dem Ungarn Johann Zápolya, der die Osmanen um Hilfe ersuchte. Letztlich fiel das westliche Ungarn an Österreich, während Zápolya im Frieden von Großwardein als König Restungarns unter osmanischer Oberhoheit anerkannt wurde. Nach seinem Tod 1540 besetzte die Pforte das mittlere Drittel des einstigen Ungarn und ließ Zapolyas Sohn das Fürstentum Siebenbürgen. Süleyman wollte auch Malta erobern, doch die Ritter des Heiligen Johannes besiegten die Invasionsstreitmacht.

Seeschlacht von Preveza (1538) in der Khair ad-Din Barbarossa die Flotte der Hl. Liga besiegte. Historistisches Gemälde von 1866

Unterdessen nutzte Süleyman I. 1529 die Lage, um erstmals Wien zu belagern, was aber nicht von Erfolg gekrönt war. Nach nur 19 Tagen war Süleyman I. aufgrund eines sehr frühen Wintereinbruchs gezwungen, die Belagerung abzubrechen. Dennoch wurde Österreich als Folge dieses Konflikts langfristig tributpflichtig. Durch drei Feldzüge gegen die Safawiden gelang es dem Osmanischen Reich, den Osten Kleinasiens endgültig zu erobern. Auch an anderen Fronten kam es zu Annexionen: 1534 Mesopotamien mit Bagdad, 1534 Aserbaidschan, 1540 Teile Dalmatiens, 1547 große Teile des Jemen. Zudem besiegte die Flotte des Khair ad-Din Barbarossa 1538 die Flotte der Heiligen Liga unter Andrea Doria bei Preveza.

1566 brachen die osmanischen Truppen erneut zu einem Ungarn-Feldzug auf. Er belagerte Szigetvár, das von Nikola Šubić Zrinski verteidigt wurde. Süleyman I. starb jedoch während dieser Belagerung von Szigetvár. Der Tod des Sultans, die Gesamtverluste bei der Belagerung von etwa 20.000 Mann und der hereinbrechende Winter veranlassten das osmanische Heer zum Rückzug nach Konstantinopel.

Die Zeit Süleymans leitete auch engere Beziehungen zu den europäischen Mächten ein. 1536 wurde die erste so genannte Kapitulation mit Frankreich unterzeichnet, die freien Handel vereinbarte und Frankreich die Gerichtsbarkeit über seine Untertanen auf dem Boden des Osmanischen Reichs übertrug.

Stagnation, Wiedererstarken und Beginn des Niedergangs

TVRCICI IMPERII DESCRIPTIO - Beschreibung des Türkischen Reiches, Karte von Abraham Ortelius ( Antwerpen, 1570)

Schon während der Regierungszeit Süleymans gab es erste Krisensymptome, die sich im Lauf der Zeit verstärkten und den Niedergang des Osmanischen Reichs einleiteten. So wurden die Tımare, nicht-erbliche Lehen, mit denen die Spahi-Reiter ihren Lebensunterhalt und ihre Ausrüstung finanzierten, zunehmend auch an Nichtberechtigte vergeben, was zu einer Schwächung dieser Kerntruppe des Heeres führte. Weil kaum noch neue Territorien erobert wurden, fehlte es an Land, das man in das Tımarsystem integrieren konnte. Die Tımare wurden daher in immer kleinere Stückelung vergeben, was die Spahis ebenfalls schwächte. Je weniger Truppen sich durch Tımare selbst finanzieren konnten, desto mehr mussten besoldet werden, was die Hohe Pforte vor finanzielle Aufgaben stellte, die sie nicht bewältigen konnte. Die Mittel, mit denen die Großwesire und der Diwan zur Behebung der seit dem 16. Jahrhundert chronischen Finanznot des Reiches griffen, verschlimmerten die Krise. Zum einen wurde die Steuerpacht eingeführt, die so genannte „malikâne“: Das Recht, eine bestimmte Steuer einzukassieren, wurde versteigert, wodurch der Fiskus die Summe sofort erhielt. Die „Mültezim“ genannten Steuerpächter versuchten nun, deutlich mehr an Steuern aus dem ihnen zugewiesenen Gebiet herauszupressen, als sie bei der Auktion bezahlt hatten, was sie bei der steuerpflichtigen Landbevölkerung verhasst machte. In der Folge breitete sich allgemeine Korruption im Osmanischen Reich aus – ohne „Geschenke“ oder Schmiergelder ging bei den Behörden gar nichts mehr. Hierzu trug auch seit dem 17. Jahrhundert verbreitete Käuflichkeit von Ämtern bei. Sie füllte zwar die Staatskasse und vor allem die Taschen der für die Besetzung von frei gewordenen Stellen und Posten zuständigen Großwesire und Beylerbeys mit erheblichen Summen. Auf der anderen Seite brachte sie auch viel inkompetentes und für die jeweilige Aufgabe unausgebildetes Personal in Amt und Würden, das in möglichst kurzer Zeit versuchte, den für den Ämterkauf investierten Betrag zu amortisieren. Folge war eine verschärfte Ausbeutung des einfachen Volkes.

Ein weiteres Mittel zur Sanierung der Staatsfinanzen waren wiederholte Münzverschlechterungen, indem man den Silbergehalt des Akçe, der Währung des Osmanischen Reiches, durch Verkleinerung der Münzen oder durch Beimengung unedler Metalle reduzierte. Die Folge war eine deutliche Inflation. Die Preise stiegen, worunter vor allem die einfache Bevölkerung litt. Ein weiterer Grund für den Wertverfall der Münzen kam aus dem Westen: Weil über den Atlantikhandel große Mengen Silber aus dem spanischen Kolonialreich nach Europa strömten, sank umgekehrt proportional zu der verfügbaren Menge des Silbers dessen Wert.[8]

Die Expansion der christlichen Staaten nach Übersee hatte für das Osmanische Reich noch weitere negative Folgen. Mit der Entdeckung des Seewegs um Afrika herum verloren die Osmanen ihr Monopol auf den Indienhandel. Zwar brachten die Karawanen über die Gewürzstraße und die Weihrauchstraße auch im 16. und 17. Jahrhundert noch wertvolle Luxusgüter an die Häfen der Levante, doch sank deren Anteil am weltweiten Handel beständig gegenüber dem Atlantikhandel. Auch im mediterranen Seehandel verloren die Osmanen zunehmend an Bedeutung, seit sie 1536 den Franzosen bedeutende Handelsprivilegien eingeräumt hatten. Ähnliche Kapitulationen wurden mit England, Venedig und den Niederlanden geschlossen, sodass die osmanische Handelsflotte bald zur Bedeutungslosigkeit verurteilt war und dem Reich eine wichtige Einnahmequelle fehlte.

Die osmanischen Schiffe waren denen der Europäer bald auch technisch unterlegen, die ihre Handelsgewinne in technische Neuerungen wie die Galeasse investierten. Auch in anderen Bereichen zeigte sich bald ein technischer Rückstand der Osmanen gegenüber dem christlichen Europa. Die Sultane waren wenig innovationsfreudig – den Buchdruck mit beweglichen Lettern hatte Bayezid II. zum Beispiel 1483 bei Todesstrafe verboten. Daher konnten die Christen in ihren bald entstehenden Manufakturen deutlich billiger produzieren und überschwemmten das Reich mit ihren Manufakturwaren. Die Folge waren Arbeitslosigkeit der Handwerker und Manufakturarbeiter in den Städten und eine passive Handelsbilanz, unter der das Osmanische Reich seit dem 17. Jahrhundert dauerhaft litt. Exporte von Nahrungsmitteln wie Getreide, die die Bilanz hätten ausgleichen können, waren verboten, um die Versorgung der Bevölkerung mit Brot zu sichern. Sie fanden auf dem Weg des Schmuggels dennoch in einem Ausmaß statt, das für wiederholte Versorgungskrisen ausreichte.

Die zunehmende Unzufriedenheit weiter Teile der einfachen Bevölkerung zeigte sich in einer Reihe von Aufständen wie den Celali-Aufständen, die Anatolien während der Jahre 1519 bis 1598 kaum zur Ruhe kommen ließen. Weil die Landbevölkerung besonders unter dem zunehmenden Steuerdruck, der Inflation und der Korruption litt, verließen viele Bauern ihre Gehöfte. Sie zogen in die Städte, in unzugängliche Gebirgsgegenden oder schlossen sich den Aufständischen oder marodierenden Räuberbanden an, den so genannten Levent, die oft von ehemaligen Spahis geführt wurden, deren Tımare zu einem auskömmlichen Lebensunterhalt nicht mehr reichten. Die Landflucht, deren Folgen noch heute in den Strukturproblemen der Landwirtschaft Anatoliens bemerkbar sind, verschärfte wiederum die Probleme, da ohne die Bauern die Tımare keinen Profit mehr abwarfen, die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung schwieriger wurde und auch dem Fiskus Steuerzahler entgingen.

Der Staat stand diesen vielfältigen und sich gegenseitig verstärkenden Krisensymptomen weitgehend hilflos gegenüber. Nach dem Tod Süleymans I. kamen wiederholt ungeeignete Persönlichkeiten auf den Sultansthron, wie der alkoholkranke Selim II., der geistig zurückgebliebene Mustafa I., der bei seiner Thronbesteigung erst elf Jahre alte Murad IV. oder İbrahim der Verrückte. Sie standen zumeist unter dem Einfluss ihrer Ehefrauen oder Mütter, der Valide Sultan, die zwar über keinerlei Vorbildung zur Regierung eines Großreiches verfügten und den Harem auch nicht verlassen durften, aber dennoch das Reich de facto regierten. Man nennt daher das späte 16. und die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts die Zeit der Weiberherrschaft („kadınlar saltanatı“). Gegen die Frauen des Harems waren auch die Großwesire machtlos, die nach Gutdünken der Haremsbewohnerinnen berufen und entlassen wurden: Während der Weiberherrschaft betrug die durchschnittliche Amtsdauer eines Großwesirs nur wenig mehr als ein Jahr, zu kurz, um die notwendigen Reformmaßnahmen einzuleiten.

Ali Pascha, Befehlshaber der osmanischen Flotte vor Lepanto, Holzschnitt nach 1571
Kara Mustafa Pascha, Befehlshaber der osmanischen Truppen bei der Belagerung Wiens 1683
Empfang bei Selim II. in Edirne

In der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 konnten die christlichen Großmächte mit Spanien und Venedig an der Spitze den ersten größeren Sieg mit der fast völligen Vernichtung der osmanischen Flotte erzielen. Die politischen Auswirkungen waren jedoch gering, da die christliche Allianz kurz darauf auseinanderbrach und die Osmanen ein Jahr später ihre Flotte vollständig wieder aufbauen konnten. Venedig musste sogar Zypern abtreten. Die Auseinandersetzung vor Lepanto führte aber zu einer Bereinigung der Einflusssphären im Mittelmeer. Die Osmanen beschränkten sich jetzt auf ihre Vormachtstellung im östlichen Teil, zum Beispiel mit der Eroberung der venezianischen Inseln Zypern 1571 und Kreta 1669, während spanische, maltesische und italienische Flotten das westliche Mittelmeer unter sich aufteilten. Dennoch richtete Selim II. sein Augenmerk auf Tunesien, das 1574 in die Hand von Korsaren geriet, die der Hohen Pforte tributpflichtig waren. Zudem unterstützte Selim die muslimischen Herrschaften in Südostasien. Nach dem Langen Türkenkrieg (1593–1606) musste Sultan Ahmed I. den Kaiser Rudolf II. erstmals als gleichberechtigten Verhandlungspartner anerkennen.

1683 unternahm die Pforte nochmals einen Versuch, nach Mitteleuropa vorzustoßen und Wien zu erobern. Was aber schon in der Blütezeit des Osmanischen Reiches rund 150 Jahre vorher nicht gelang, wurde nun im Feldzug Kara Mustafas gegen Jan III. Sobieski von Polen-Litauen zum Desaster und zum Wendepunkt der Auseinandersetzung mit den europäischen Staaten. Nachdem in dieser Niederlage die militärischen Schwächen der Osmanen offenkundig geworden waren, begann im folgenden Jahr eine vom Papst initiierte Heilige Liga aus Österreich, der Republik Venedig und Polen-Litauen einen Angriff auf das Osmanische Reich an mehreren Fronten. Nach mehreren schweren Niederlagen bei Mohács 1687, Slankamen 1691 und Senta 1694, während des Großen Türkenkrieges, musste im Frieden von Karlowitz 1699 der Verlust von Zentralungarn mit Siebenbürgen an Österreich, Podolien und der rechtsufrigen Ukraine an Polen-Litauen und der Peloponnes mit Dalmatien an Venedig hingenommen werden. Als neuer Gegner an der Nordgrenze kam Russland ins Spiel. Ein wichtiges Ziel Zar Peters I. war ein Zugang zum Schwarzen Meer, den er 1695 mit Asow bekam.

Die äußeren Schwierigkeiten zogen Probleme im Inneren nach sich. 1687 war Mehmed IV. wegen der militärischen Niederlagen abgesetzt worden. 1703 kam es zum blutigen „Vorfall von Edirne“, in dem Aufständische den Scheichülislam Feyzullah Efendi ermordeten und Sultan Mustafa II. absetzten.

Obwohl das Osmanische Reich zunehmend in die Defensive geriet, war es noch immer eine potente Macht. 1711, während des Großen Nordischen Krieges, schloss die Armee des Sultans das russische Heer am Pruth ein, nachdem das Osmanische Reich auf Bitte des flüchtigen Schwedenkönigs Karl XII. in den Krieg eingetreten war. In den folgenden Verhandlungen musste Peter der Große den Osmanen Asow zurückgeben. Nachdem der moldauische Wojewode Dimitrie Cantemir zu Russland übergelaufen war, besetzten die Osmanen die Hospodaren-Ämter in der Moldau und der Walachei bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit Phanarioten, Griechen aus dem Phanar-Viertel in Konstantinopel, die schon lange Zeit als Übersetzer in der Politik eine wichtige Rolle gespielt hatten. In den Donaufürstentümern wird diese Epoche als Phanarioten-Herrschaft bezeichnet. Auch gegen die Republik Venedig war man erfolgreich und erlangte 1715 die Peloponnes zurück.

Audienz des französischen Gesandten le Vicomte d’Andrezel bei Sultan Ahmed III. am 10. Oktober 1724 (Jean-Baptiste van Mour 1724)

Weil die Krimtataren mit ihren Raubzügen die Ukraine bedrohten, begann Russland in einem Bündnis mit Österreich 1736 einen Krieg gegen das Osmanische Reich. Die Russen marschierten auf der Krim ein und schwächten den osmanischen Vasallen erheblich. Unter der Führung von Burkhard Christoph von Münnich schlug die russische Armee die Türken bei Otschakow und Stawutschany und nahm die wichtige Festung Chotin ein. Die Österreicher erlitten gegen die Türken eine Niederlage. Im Frieden von Belgrad 1739 mussten sie den Osmanen Nordserbien mit Belgrad und die Kleine Walachei zurückgeben, die die Habsburger zuvor im Frieden von Passarowitz 1718 von den Osmanen gewonnen hatten. Russland bekam erneut und dauerhaft Asow zugesprochen. In diesem Krieg hatte eine Rolle gespielt, dass die Osmanen ihre Artillerie (Topçu) mit französischen Beratern wie Ahmed Pascha, dem Comte de Bonneval, modernisiert hatten. Im Ganzen war in den teuren und verlustreichen Kriegen der vergangenen drei Jahrzehnte keine wesentliche Änderung des Territoriums zu verzeichnen. Danach folgte eine vergleichsweise lange Friedensperiode.

Russisch-Türkische Kriege

Siehe auch: Türkenkriege

Im Russisch-Türkischen Krieg 1768–1774 musste das Osmanische Reich endgültig erkennen, dass es seine imperiale Macht verloren hatte. 1770 verlegte Russland seine Flotte aus der Ostsee ins Mittelmeer und vernichtete in der Seeschlacht bei Çeşme die vor Anker liegende osmanische Flotte. Im Frieden von Küçük Kaynarca mussten die Osmanen das Krim-Khanat in die „Unabhängigkeit“ entlassen (es wurde aber schon nach wenigen Jahren eine russische Provinz); Teile des Nordkaukasus gingen an Russland, die Bukowina an Österreich.

Keine der beiden Seiten hatte die Absicht, es lange dabei zu belassen. Zarin Katharina II. entwarf ihr so genanntes „Griechisches Projekt“, in dem das Byzantinische Reich als russischer Vasall wiederauferstehen sollte und die übrigen Teile des Osmanischen Reichs zwischen Österreich, Venedig und Russland aufgeteilt werden sollten, woran diese Alliierten jedoch wenig Interesse zeigten. 1783 annektierte Russland die Krim und begann mit deren wirtschaftlichem Aufbau. Die Osmanen, die ohnehin darauf aus waren, ihre Verluste aus dem vorigen Krieg rückgängig zu machen, erklärten im selben Jahr nach verschiedenen Streitigkeiten Russland den Krieg. Nach Anfangserfolgen der Schwarzmeerflotte mussten sie jedoch 1792 im Frieden von Jassy abermals Gebietsverluste hinnehmen, darunter Gebiete zwischen Dnepr und Bug.

Reformen und Machtkämpfe

Osmanische Tughra ( Mahmud II.)
Palast der Hatice, Schwester Selims III. (Antoine Ignace Melling (1763–1831), zwischen 1795 und 1813)

Selim III. zog aus den Niederlagen seine Lehre und führte umfassende Reformen in der Verwaltung und im Militär durch. Parallel zu den Janitscharen versuchte er mit Hilfe europäischer Berater, eine neue Truppe, die Nizâm-ı Cedîd / ‏نظام جديد‎ / ‚Neue Ordnung‘, aufzubauen. Seine geplante allmähliche Überführung der Janitscharen in das neue Korps führte jedoch zu Aufständen, die 1807 in seiner Absetzung gipfelten. Sein Cousin Bayraktar Mustafa marschierte mit seinen Truppen in Konstantinopel ein und plante, Selim wieder als Sultan einzusetzen. Er kam jedoch zu spät, da Selim bereits erdrosselt worden war. Es blieb ihm also nur, den von den Janitscharen eingesetzten Mustafa IV. durch Mahmud II. zu ersetzen, der einer Ermordung nur knapp entkommen war. Mahmud setzte Bayraktar Mustafa als Großwesir ein und folgte einem Reformkurs, wobei er vermied, mit den Janitscharen direkt in Konflikt zu kommen. Schon im nächsten Jahr kam es wieder zu Aufständen. Um zu verhindern, dass er wieder zugunsten Mustafas gestürzt würde, ließ Mahmud seinen Bruder ermorden. Der in Bedrängnis geratene Großwesir sprengte sich in einem Pulvermagazin in die Luft.

Der „kranke Mann“ am Bosporus

In Ägypten riss der Statthalter Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich und ließ die einflussreichen Mamelucken-Emire liquidieren. Durch eine Reihe von Reformen war Ägypten bald in vielerlei Hinsicht der Zentrale in Konstantinopel überlegen. Muhammad Ali begründete die Chediven-Dynastie, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts ein Ende fand. Nachdem sich Sultan Mahmud II. geweigert hatte, Muhammad Ali Pascha auch als Statthalter in Syrien einzusetzen, besetzten ägyptische Truppen unter Ibrahim Pascha 1831 Palästina und Syrien und stießen nach einigen Siegen über die Osmanen bei Homs und Konya 1832 nach Anatolien vor. 1838 fühlte sich das Osmanische Reich stark genug, den Kampf gegen die ägyptischen Truppen unter Ibrahim Pascha in Syrien wieder aufzunehmen. Die ägyptischen Truppen besiegten aber die osmanische Armee unter Hafiz Pasha in der Schlacht von Nisibis am 24. Juni 1839. An dieser Schlacht nahm der spätere deutsche Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke als Militärberater bei der türkischen Armee teil. Erst durch die Intervention Großbritanniens, Russlands, Preußens und Österreichs (1840) wurde Muhammad Ali Pascha 1841 gezwungen, Syrien und Palästina wieder zu räumen.

Ein zunehmendes Problem für den Vielvölkerstaat der Osmanen war der Nationalismus der sich zunehmend als eigenständige Völker begreifenden Gruppen in den von ihnen besetzten Gebieten. Diese erhoben vehement Anspruch auf Repräsentation in eigenen Staaten. Zunächst erhoben sich 1804 die Serben; bis 1830 erhielten sie eine weitgehende Autonomie. Auch die Phanariotenherrschaft in den Donaufürstentümern fand 1826 ihr Ende. In den 1820er Jahren gewann die von einigen Europäern unterstützte Unabhängigkeitsbewegung in Griechenland an Dynamik. Ein besonderes osmanisches Problem in diesem Falle stellten die einflussreichen Griechen in der Verwaltung dar, die teilweise mit der Unabhängigkeitsbewegung sympathisierten. Im Krieg von 1826 war Mahmud gezwungen, ausgerechnet Truppen des verfeindeten Muhammad Ali Pascha von Ägypten zu Hilfe zu rufen. Trotzdem musste er 1830 Griechenland in die Unabhängigkeit entlassen.

Die Zerstörung der osmanischen Flotte bei Sinope im Krimkrieg, von Iwan Aiwasowski

An diesem Beispiel zeigte sich, wie das Osmanische Reich, das von den Medien der Zeit als Kranker Mann am Bosporus persifliert wurde, immer mehr zum Spielball der europäischen Mächte wurde. Russland sah darin eine Chance, seinen Machteinfluss in Europa stärker geltend zu machen und insbesondere einen Zugang zum Mittelmeer und auf den Balkan zu bekommen. Die osmanische Herrschaft auf dem Balkan schien gefährdet, und Russland drängte darauf, die Kontrolle über die wichtigen Meerengen des Bosporus und der Dardanellen zu erhalten. Auf dem Balkan brachte sich Russland als Schutzmacht der dortigen orthodoxen Christen ins Spiel. Bereits früher hatte der russische Zar vergeblich versucht, die Regierungen Österreichs und Großbritanniens für eine Aufteilung des Osmanischen Reiches zu gewinnen. Großbritannien und Frankreich sperrten sich aber gegen diese russische Expansion. Sie wollten nicht, dass die Schlüsselpositionen in russische Hände fielen und unterstützten die Osmanen, um den Status quo zu erhalten und damit ihre eigene Machthoheit in Südosteuropa an den osmanischen Grenzen zu sichern. In der so genannten Orientalischen Frage über Sein oder Nichtsein des Reiches waren sie der Meinung, dass das Osmanische Reich, das in jener Zeit noch immer eine gewaltige Ausdehnung besaß, erhalten werden musste. Sein Zusammenbrechen hätte ein Machtvakuum verursacht. Für Großbritannien, dem zu dieser Zeit wichtigsten Handelspartner des Osmanischen Reiches, ging es außerdem darum, die Verbindungswege nach Indien zu kontrollieren und die Vormachtsbestrebungen Russlands in Asien zu unterbinden (The Great Game).

Das führte dazu, dass die Bündnisse sich je nach Situation neu zusammenfanden. Im Krimkrieg (1853–1856), der durch die russische Besetzung der Fürstentümer Walachei und Moldau ausgelöst wurde, kämpften Großbritannien, Frankreich und später auch Sardinien-Piemont auf Seiten der Osmanen. Im Frieden von Paris ging ein Teil des 1812 von Russland gewonnenen südlichen Bessarabiens im Bereich der Donaumündung (etwa ein Viertel der Gesamtfläche) mit den Kreisen Cahul, Bolgrad und Ismail wieder zurück ans Fürstentum Moldau, das ein autonomer Staat unter Oberhoheit der Pforte war, und das Schwarze Meer wurde entmilitarisiert. Zugleich wurde die territoriale Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit des Osmanischen Reichs garantiert.

Tanzimat-Periode

Hauptartikel: Tanzimat
Osmanisches Reich um 1900

Eine erneute Reformphase (1838–1876) begann, die eng mit dem Namen der Großwesire Mustafa Reşid Pascha und später Ali Pascha und Fuad Pascha verknüpft ist. Die Maßnahmen wurden unter dem Namen „Tanzimat-ı Hayriye“ (Heilsame Neuordnung) bekannt und fallen mit der Regierungszeit von Abdülmecid und Abdülaziz zusammen. Sie stellten die Nichtmuslime im Reich auf die gleiche Stufe wie die Muslime und führten ein neues Justizsystem ein, organisierten das Steuersystem neu und legten eine allgemeine Dienstpflicht in der Armee fest. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden auch die Steuerpachten abgeschafft. Die zerrütteten Staatsfinanzen führten am 13. April 1876 zur Erklärung des Staatsbankrotts.

Die wichtigsten Reformedikte waren in diesem Zusammenhang das „Hatt-i Scherif (imperialer Erlass) von Gülhane“ (1839), das Hatt-i Hümayun (1856), sowie die Osmanische Verfassung, in denen schrittweise und mit Einschränkungen (1839 lauten diese „im Rahmen der Scheriatgesetze“) die Gleichheit und Gleichbehandlung aller Untertanen unabhängig von ihrer Religion eingeführt wurde.

Mit den von den Mächten eingeforderten Reformen gingen – auch bedingt durch die industrielle Rückständigkeit – zunehmend wirtschaftliche Probleme einher. In den „Kapitulationen“ genannten Handelsverträgen wurde der Markt im Osmanischen Reich für die Europäer geöffnet, und die Einfuhrzölle lagen unter den Ausfuhrzöllen. Durch die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des osmanischen Handwerks wurde das Osmanische Reich zum Exporteur von Rohstoffen und Importeur von europäischen Waren.

Sultan Abdülhamid II. (1842–1918)

Unterdessen fanden die Unruhen auf dem Balkan kein Ende. Nach einem Krieg gegen Serbien 1876 wurde in Konstantinopel eine internationale Konferenz einberufen, auf der u. a. die Zukunft des Balkan diskutiert wurde. Um seine Reformbereitschaft zu demonstrieren, kündigte der durch einen Staatsstreich an die Macht gekommene Abdülhamid II. eine liberale Verfassung an, die ein parlamentarisches System eingeführt hätte. Eine wichtige Rolle bei deren Entwurf spielte der Großwesir Midhat Pascha.

Als Ergebnis der Konferenz fassten die Mächte eine Autonomie sowohl für zwei Provinzen auf bulgarischem Gebiet als auch für Bosnien und Herzegowina ins Auge. Als die „Hohe Pforte“ dies ablehnte, erklärte Russland den Krieg, besetzte den gesamten europäischen Teil der Türkei und rückte auf Istanbul (Konstantinopel) vor. Nach der Entscheidungsschlacht am Schipkapass im Januar 1878 war der Sieg der russischen Truppen nicht mehr zu verhindern.

Ende Januar 1878 bat das Osmanische Reich um den Abschluss eines Friedensvertrages. Am 3. März 1878 wurde in dem Städtchen San Stefano der Friedensvertrag von San Stefano unterzeichnet. Mit dem Vertrag wurden Bulgarien alle Territorien zugesprochen, in denen Bulgaren lebten. In diesem Vertrag wurde das Osmanische Reich zu großen Zugeständnissen gezwungen. Es musste die Unabhängigkeit Rumäniens, Serbiens, Montenegros und Bulgariens anerkennen. Ferner trat es die Provinz Kars an das Russische Reich ab.

Da die anderen europäischen Mächte wiederum ihre Interessen bedroht sahen und ein europaweiter Krieg drohte, wurde 1878 der Berliner Kongress organisiert, dessen Hauptinitiator Bismarck war. Hier erhielten Serbien und Montenegro ihre Unabhängigkeit, und die schon vorher in Personalunion regierte Walachei mit der Moldau schlossen sich zu dem selbstständigen Staat Rumänien zusammen. Der Berliner Kongress wurde mit dem Berliner Vertrag abgeschlossen, der u. a. mehrere Artikel des Friedens von San Stefano dermaßen revidierte, dass der alleinige russische Einfluss auf das Osmanische Reich in Einfluss aller europäischen Mächte auf das Reich erweitert wurde.

Bagdad-Bahn (Foto: zwischen 1900 und 1910)

Innenpolitisch machte Abdülhamid II. seine Regierungsreformen wieder rückgängig. Midhat Pascha wurde abgesetzt und das Parlament aufgelöst. Abdülhamids Regierungszeit wurde durch Despotie und Spitzelei geprägt, und als Sultan hatte er de facto die alleinige Macht. Finanziell geriet die Pforte nun vollends in die Abhängigkeit der europäischen Großmächte. Nachdem der Staatsbankrott erklärt worden war, übernahm die Dette publique einen Gutteil der Finanzverwaltung. Das europäische Kapital konnte ungehindert in den Staat fließen. Seine Interessen konzentrierten sich auf die Rohstoffquellen im Irak, aber auch Großprojekte wie den Bau der Bagdadbahn. Dabei kam das Deutsche Reich zum Zuge, das spätestens seit dem Berliner Kongress zum guten Partner für das Osmanische Reich geworden war.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts erstarkten wieder die inneren Oppositionskräfte, insbesondere die Bewegung der Jungtürken, die ihren Ausgangspunkt vor allem in Saloniki hatte. 1908 musste angesichts der Bedrohung durch aufständische Truppen die Verfassung wieder in Kraft gesetzt werden.

Bewegung der Jungtürken

Hauptartikel: Jungtürken
Marsch der Abgeordnete - jungtürkischer Marsch von Mehmed Zati, 1909

Die Verwirrung machte sich Bulgarien zunutze, um zusammen mit Ostrumelien einen unabhängigen Staat zu gründen. Bosnien und Herzegowina wurden von Österreich-Ungarn annektiert, die faktisch bereits 1878 angegliedert worden und nur noch nominell türkisch waren (Bosnische Annexionskrise). Die enormen Gebietsverluste legten die reaktionären Kräfte der Jungtürkischen Führung zur Last und versuchten 1909 einen Staatsstreich. Dessen Misslingen führte dazu, dass Abdülhamid durch seinen Bruder Mehmed V. (Mehmed Reşat) ersetzt wurde. Der Sultan hatte von da an im Wesentlichen nur noch Repräsentationsfunktionen, während die Regierung vom Großwesir eingesetzt wurde. Dieser wiederum wurde unter wesentlichem Einfluss der Jungtürken ernannt. Durch eine veränderte Verfassung wurde ein parlamentarisches System etabliert.

Die Jungtürken verfolgten einen Reformkurs, der allerdings durch die angespannte außenpolitische Lage gehemmt war. Ein folgenschweres Element ihrer Politik war der türkische Nationalismus. So wurde etwa in den arabischen Provinzen die türkische Sprache als Amtssprache eingesetzt. In den nachfolgenden Kriegen verlor die Regierung so den Rückhalt der Bevölkerung in den nichttürkischen Gebieten.

Das Jahrzehnt der Jungtürken-Regierung war durch eine Reihe von schweren Kriegen geprägt. Zunächst ging 1911 Tripolitanien (Libyen) an Italien verloren. Im Ersten Balkankrieg schlossen Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro 1912 den Balkanbund gegen das Osmanische Reich, das dadurch fast alle europäischen Besitzungen einschließlich der Stadt Edirne verlor. Nur knapp einen Monat später griff Bulgarien seine ehemaligen Verbündeten an (Zweiter Balkankrieg), die von den Osmanen unterstützt wurden. Nach der Niederlage Bulgariens wurde der Grenzverlauf in den Verträgen von Bukarest und von Konstantinopel so festgelegt, wie er noch heute zwischen Bulgarien und der Türkei verläuft.

Erster Weltkrieg und seine Auswirkungen

Gebietsverluste des Osmanischen Reiches

Im Ersten Weltkrieg versuchte man zunächst, sich in einer „bewaffneten Neutralität“ aus den Kampfhandlungen herauszuhalten. Für den Fall, dass man diese Neutralität nicht würde aufrechterhalten können, blieb nur der Anschluss an eine der beiden Mächtegruppen. Traditionell hatte man oft mit dem Deutschen Reich kooperiert (insbesondere wegen des Bagdadbahn-Projekts), aber auch mit den Entente-Mächten gab es enge Beziehungen und einen regen Handel. Auf Betreiben Enver Paschas kam es schließlich zu einem Kriegsbündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn, das allerdings im Kabinett umstritten war. Des Weiteren kam es zur Arabischen Revolte.

Im Osmanischen Reich begriffen führende Politiker den Weltkrieg als Chance zur Rückeroberung verlorengegangener Gebiete auf dem Balkan, zu expansionistischen Zielsetzungen in Richtung Kaukasus und Zentralasien und dazu, eine Lösung der armenischen Reformfrage zu unterbinden. Diese Frage war aufs engste mit der orientalischen Frage verknüpft. Sie bedeutete zugleich eine ständige Möglichkeit zur Einmischung für die westlichen Mächte und Russland in die Innenpolitik des Osmanischen Reichs und konnte einen Vorwand zur Intervention liefern – mit dem Ziel der Aufteilung des Reiches.[9][10]

Türkische Maschinengewehrstellung an den Dardanellen

Die osmanische Führung (die jungtürkische Partei Ittihad ve Terakki) kündigte bald nach dem Kriegseintritt das Abkommen vom 8. Februar 1914.[11] Mitten im Weltkrieg, am 5. September 1916, kündigte die osmanische Führung alle weiteren Verträge und Abkommen, die internationale Interventionsmöglichkeiten enthielten. Dazu gehörten der Vertrag von Paris (1856), der Berliner Vertrag (1878), die Deklaration von London (1871).[12]

Am 24. April 1915 veranlasste die osmanische Regierung die Verhaftung und Deportation armenischer Zivilisten in Konstantinopel. Diese Politik mündete schließlich in der Ermordung von ca. 600.000 bis zu 1.500.000 Armeniern.[13] Damit kamen durch die Deportationen etwa zwei Drittel der auf dem Gebiet des Osmanischen Reiches lebenden Armenier ums Leben (siehe Hauptartikel Völkermord an den Armeniern). Auch unter anderen Bevölkerungsgruppen gab es Massaker (siehe Völkermord an den Aramäern).

Die Folgen des Krieges waren katastrophal. In Arabien hatte man den britischen Kräften nichts entgegenzusetzen. Schon 1916 schüttelte der Emir von Mekka, Husain Ibn Ali, die osmanische Oberhoheit ab und rief sich zum König von Arabien aus. Er wurde schließlich als König des Hedschas anerkannt, während der übrige Teil des Reichs gemäß dem Sykes-Picot-Abkommen in Interessensphären aufgeteilt wurde. In der Balfour-Deklaration von 1917 wurde den Juden eine „nationale Heimstätte“ in Palästina versprochen. Wegen der Oktoberrevolution schied Russland zwar mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Krieg aus, aber die Siegermächte besetzten im November 1918 einen Großteil des Osmanischen Reiches. Das „Jungtürkische Triumvirat“ aus Cemal Pascha, Talât Pascha und Enver Pascha wurde entlassen und flüchtete. Nachdem im selben Jahr Mehmed V. gestorben war, rückte sein Bruder Mehmed VI. (Mehmed Vahideddin) nach, der aber den Siegermächten politisch völlig ausgeliefert war, und der nach Abschaffung des Sultanats im November 1922 Konstantinopel verließ.

Die Entstehung der heutigen Türkei

Gazi Mustafa Kemal Atatürk

Die nationalistischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts waren eine starke Kraft gewesen, die das Vielvölkerreich desintegriert hatten. Diese Kraft war aber auch in den Kerngebieten des Osmanischen Reichs vorhanden. Es entstand eine Widerstandsbewegung gegen die Besatzungsmächte, die die Reste des Reichs in Interessensphären aufgeteilt hatte. Die führende Rolle spielte dabei der türkische General Mustafa Kemal. Seine Rolle in den folgenden Auseinandersetzungen wurde als derart bedeutsam eingestuft, dass das türkische Parlament ihm den Beinamen Atatürk („Vater der Türken“) verlieh. Schon bald bildete die nach ihm benannte kemalistische Bewegung in den nicht besetzten Gebieten eine Art Gegenregierung.

Bei den im Dezember 1919 durchgeführten Wahlen errang die Befreiungsbewegung eine Zweidrittelmehrheit und verlegte ihren Hauptsitz nach Angora (heute Ankara). Im April 1920 konstituierte sich hier die „Große Türkische Nationalversammlung“, die im Januar 1921 ein provisorisches Verfassungsgesetz verabschiedete. Die neue Regierung pflegte gute Beziehungen zum mittlerweile bolschewistischen Russland und wurde von Frankreich, das das Mandat für das südliche Zentralanatolien hatte, faktisch anerkannt.

Im Vertrag von Sèvres vorgesehene Interessenzonen

Der 1920 von der Hohen Pforte unterzeichnete Vertrag von Sèvres, der dem türkischen Staat die Souveränität aberkannte, wurde von Ankara nicht anerkannt. Es kam zum nationalen Befreiungskrieg, in dem die griechischen Truppen aus Kleinasien zurückgeschlagen wurden. Auch der überwiegende Teil der griechischen Zivilbevölkerung vor allem in Smyrna (türkisch İzmir) wurde aus dem Land gewiesen. Von griechischer Seite werden diese Ereignisse auch als die „Kleinasiatische Katastrophe“ bezeichnet. Zugleich wurden hunderttausende von Reichsbewohnern, die als Türken galten, aus Griechenland verwiesen. Die nationalistischen Bewegungen strebten – nicht nur in der Türkei – nach einem einheitlichen Staatsvolk.

Die Erfolge der Kemalisten sorgten für einen Prestigeverlust für die Regierung Sultan Mehmeds VI. In den Verhandlungen um den Vertrag von Lausanne 1923 war eine Delegation der Kemalisten aus Ankara vertreten, was einer internationalen Anerkennung gleichkam. Zur Konferenz (die am 30. November 1922 begann) war formal auch die Konstantinopeler Regierung eingeladen. Um zu verhindern, dass die Türkei durch zwei Regierungen vertreten wurde, schaffte die Regierung in Ankara unter Mustafa Kemal am 1. November 1922 das Sultanat ab. Drei Tage später trat die Istanbuler Regierung unter Ahmed Tevfik Pascha offiziell zurück. Damit endete am 4. November 1922 das Osmanische Reich.

Am 13. Oktober 1923 wurde Ankara zur Hauptstadt erklärt und am 29. Oktober die Republik ausgerufen; Mustafa Kemal Pascha wurde Staatspräsident, Ismet Pascha, dem später aufgrund der Siege gegen die griechische Armee bei Inönü der Nachname „Inönü“ verliehen werden sollte, Ministerpräsident der neu gegründeten Republik. Der letzte Sultan, Mehmed VI., und alle Angehörigen der Dynastie Osman mussten das Land verlassen.

Wirtschaft und Handel

Die lang andauernde Präsenz der Genuesen in der Ägäis und in Pera und ihre Nützlichkeit für die Osmanen führte zu engen wirtschaftlichen Kontakten mit den Italienern. Im Jahr 1387 wurde zwischen Sultan Murad I. und den Genuesen ein Handelsvertrag unterzeichnet, dessen Inhalt im Detail überliefert ist. Er enthielt Bestimmungen über die Handelsfreiheit der Italiener, die Behandlung von entlaufenen Sklaven und die Steuern, welche die Genuesen zu zahlen hatten. Zudem waren die Osmanen mangels eigener Flotte an der Zusammenarbeit interessiert, da sie sich derer Schiffe bei maritimen Aktionen bedienten.[14]

Bevölkerung und Religion

Das Osmanische Reich war ein Vielvölkerstaat. Die Sultane waren sunnitische Muslime und folgten der hanafitischen Rechtsschule. Seit 1517 stellten sie auch die Kalifen. Im Reich waren dazu der schiitische Islam, Drusen, Aleviten, das Christentum (Orthodoxe, Katholiken), das Judentum (siehe Sephardim) und weitere Religionen und Religionsgemeinschaften vertreten.[15]

Bevölkerungsverteilung der Millets im Osmanischen Reich 1906, gemäß Volkszählung[16][17]
Millet Einwohner Anteil
Muslimea 15.498.747–15.518.478 74,23–76,09 %
Griechenb 2.823.065–2.833.370 13,56–13,86 %
Armenierc 1.031.708–1.140.563 5,07–5,46 %
Bulgaren 761.530–762.754 3,65–3,74 %
Juden 253.435–256.003 1,23–1,24 %
Protestantend 53.880 0,26 %
Andered 332.569 1,59 %
Gesamt 20.368.485–20.897.617 100,00 %
Anm.: a Das muslimische Millet umfasste alle Moslems einschließlich Türken, Kurden, Albaner und Araber.
b Das griechische Millet umfasste alle Christen der griechisch-orthodoxen Kirche, darunter Slawen und Albaner.
c Dies umfasst die verschiedenen assyrischen Kirchen.
d Die erste Quelle umfasst keine Protestanten und „andere“.

Bis Ende des 15. Jahrhunderts hatte das Reich eine christliche Mehrheit und stand unter der Herrschaft einer muslimischen Minderheit.[18] Im späten 19. Jahrhundert begann der nichtmuslimische Bevölkerungsanteil beträchtlich zu sinken – nicht nur wegen Gebietsverkleinerungen, sondern auch wegen Wanderungsbewegungen. Der Anteil der Muslime machte in den 1820er Jahren 60 % aus, stieg schrittweise auf 69 % in den 1870ern und dann auf 76 % in den 1890er Jahren. 1914 waren nur noch 19,1 % der Reichsbevölkerung nichtmuslimisch, hauptsächlich Christen und einige Juden.[15]

Muslime, die als Häretiker betrachtet wurden, wie Aleviten, Ismaeliten und Alawiten, hatten einen niedrigeren Rang als Christen und Juden.[19] 1514 ordnete Sultan Selim I. die Tötung von 40.000 anatolischen Kizilbasch (Schiiten) an.[20]

Siehe auch

Literatur

Weitere und vertiefende Hinweise auf aktuelle (allerdings fast ausschließlich englischsprachige) Literatur zum Thema bietet der Überblicksartikel What's up in Ottoman Studies? von Virginia Aksan (in: Journal of the Ottoman and Turkish Studies Association, Band 1, Nr. 1–2, 2014, S. 3–21).

Gesamtdarstellungen

  • Gábor Ágoston / Bruce Masters (Hrsg.): Encyclopedia of the Ottoman Empire. New York: Facts on File, 2008. ISBN 978-0-8160-6259-1 (Einleitung online).
  • Kemal Çiçek (Hrsg.): The Great Ottoman-Turkish Civilisation. 4 Bände: 1. Politics, 2. Economy and Society, 3. Philosophy, Science and Institution, 4. Culture and Arts. Yeni Türkiye Yayınları, Ankara 2000, ISBN 978-975-6782-17-0.
  • Suraiya Faroqhi: Geschichte des Osmanischen Reiches. 6. Auflage, C. H. Beck, München 2014, ISBN 978-3406460210.
  • Suraiya Faroqhi: Kultur und Alltag im Osmanischen Reich. Vom Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. 2. Auflage, C.H.Beck, 2003, ISBN 978-3406396601.
  • Carter Vaughn Findley: The Turks in World History. Oxford 2005, ISBN 0-19-517726-6.
  • Caroline Finkel: Osman’s Dream: the Story of the Ottoman Empire, 1300–1923, John Murray, London 2005, ISBN 0-7195-6112-4.
  • Halil İnalcik (Hrsg.): An Economic and Social History of the Ottoman Empire, 1300–1914. 2 Bände. Cambridge University Press, 1997. ISBN 978-0521585804.
  • Nicolae Jorga: Geschichte des Osmanischen Reiches. Gotha, Perthes 1908-1913 (5 Bände). Digitalisate: Band 1; Band 2; Band 3; Band 4; Band 5. Reprint: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997. ISBN 978-3-534-13738-1.
  • Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300–1922. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2008, aktualisierte Auflage, ISBN 3-486-53711-3.
  • Klaus Kreiser, Christoph K. Neumann: Kleine Geschichte der Türkei. Stuttgart 2009, ISBN 978-3150186695.
  • Şevket Pamuk: A Monetary History of the Ottoman Empire. Cambridge University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-44197-8.
  • Stanford Shaw, Ezel Kural Shaw: History of the Ottoman Empire and Modern Turkey. 2 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1977. Band 1: Empire of the Gazis: The Rise and Decline of the Ottoman Empire 1280–1808, ISBN 978-0521291637; Band 2: Reform, Revolution, and Republic: The Rise of Modern Turkey 1808–1975, ISBN 9780521291668.
  • Christine Woodhead: The Ottoman World. Routledge, London 2012, ISBN 978-0-203-14285-1.

Anfangszeit

  • The Cambridge History of Turkey. Bd. 1 (von 4): Kate Fleet (Hrsg.): Byzantium to Turkey, 1071–1453. Cambridge University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-521-62093-2.
  • Cemal Kafadar: Between Two Worlds. The Construction of the Ottoman State. University of California Press, Berkeley 1996. ISBN 978-0-520-20600-7.
  • Heath W. Lowry: Early Ottoman Period. In: Metin Heper, Sabri Sayarı (Hrsg.): The Routledge Handbook of Modern Turkey. Routledge, London 2012, ISBN 978-0-415-55817-4, S. 5–14 (Volltext online).

Mittlere Phase

  • The Cambridge History of Turkey. Bd. 2 (von 4): Suraiya Faroqhi, Kate Fleet (Hrsg.): The Ottoman Empire as a world power, 1453–1603. Cambridge University Press, Cambridge 2012, ISBN 978-0-521-62094-9.
  • The Cambridge History of Turkey. Bd. 3 (von 4): Suraiya Faroqhi (Hrsg.): The later Ottoman Empire, 1603–1839. Cambridge University Press, Cambridge 2006, ISBN 978-0-521-62095-6.
  • Halil İnalcik: The Ottoman Empire. The Classical Age 1300–1600. Phoenix Press, London 2003, ISBN 1-84212-442-0.

Spätere Zeit

  • The Cambridge History of Turkey. Bd. 4 (von 4): Reşat Kasaba (Hrsg): Turkey in the modern world. Cambridge University Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-62096-3. (Behandelt nicht nur die moderne Türkei, sondern auch die letzten 80 Jahre des Osmanischen Reiches mit Tanzimat, Abdülhamid II., Jungtürken und Erstem Weltkrieg.)
  • Mehmed Şükrü Hanioğlu: A Brief History of the Late Ottoman Empire. Princeton University Press, Princeton 2008, ISBN 978-0-691-13452-9.
  • Erik Jan Zürcher: Turkey. A Modern History. I. B. Tauris, 3. Auflage, 2004, ISBN 978-1860649585.

Filme

Weblinks

  Commons: Osmanisches Reich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

Darstellungen

Einzelnachweise

  1. Peter Turchin, Jonathan M. Adams, Thomas D. Hall: East-West Orientation of Historical Empires and Modern States. In: Journal of World-Systems Research, Vol. XII, No. II, 2006, S. 218–239; S.223. PDF
  2. Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300–1922. Oldenbourg, München 2008, ISBN 3-486-58588-6, S. 8.
  3. Hans-Jürgen Gerhard (Hrsg): Struktur und Dimension: Festschrift für Karl Heinrich Kaufhold zum 65. Geburtstag. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07065-6, S. 7. Rudolf Schmidt: Die Türken, die Deutschen und Europa: Ein Beitrag zur Diskussion in Deutschland. VS Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-531-14379-4, S. 46.
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  8. Fernand Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Bd. 2: Der Handel, Kindler, München 1986, S. 211
  9. Y. H. Bayur: Türk İnkılâbı Tarihi (Die Geschichte der türkischen Revolution), Bd. II/3, Ankara 1983, S. 131.
  10. Brief von Walter Rössler, dem Konsul in Aleppo (April 1921)
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  12. Friedrich von Kraelitz-Greifenhorst: Die Ungültigkeitserklärungen des Pariser und Berliner Vertrages durch die osmanische Regierung, in: Österreichische Monatszeitschrift für den Orient, Nr. 43, 1917, S. 56–60.
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  14. Manfred Pittioni: Genua Die versteckte Weltmacht, Verlag Mandelbaum, 2011, ISBN 978-3-85476-349-9, S. 57
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  21. Sinematürk.com; Osmancık Online bei Google Video (türk.)