Friedrich Wilhelm II. (* 25. September 1744 in Berlin; † 16. November 1797 im Marmorpalais in Potsdam) war von 1786 bis zu seinem Tod König von Preußen und Markgraf von Brandenburg, Erzkämmerer und Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches. Er entstammte der Dynastie der Hohenzollern.
Als Abwehrreaktion zur Französischen Revolution beendete Friedrich Wilhelm II. zunächst den Deutschen Dualismus zwischen Preußen und Österreich. Innenpolitisch wendete er sich vom aufgeklärten Regierungsstil seines Vorgängers ab und führte ein verschärftes Zensur- und Religionskontrollwesen ein. Der König zählte zu den wichtigsten Mäzenen seiner Zeit.
Friedrich Wilhelm wurde am 25. September 1744 in Berlin geboren.[1] Er war der älteste Sohn des preußischen Prinzen August Wilhelm von Preußen (1722–1758) und der Prinzessin Luise Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel. Zunächst hatte Friedrich Wilhelm kaum Chancen auf die Thronfolge in Preußen. Wegen seiner Kinderlosigkeit hatte König Friedrich II. 1744 seinen nächstjüngeren Bruder August Wilhelm, den Vater Friedrich Wilhelms, als Prinz von Preußen zu seinem Thronfolger bestimmt.[1]
Schon aufgrund Friedrichs Überzeugung, dass der Vater, Friedrich Wilhelm I., den jüngeren Bruder ihm vorgezogen habe, hatte der König ein konfliktreiches Verhältnis zu August Wilhelm von Preußen. Im Herbst 1757, mitten im Siebenjährigen Krieg, entließ Friedrich II. den Vater Friedrich Wilhelms wegen des Vorwurfs, mehrfach versagt zu haben, unehrenhaft aus der Armee. Einige Historiker meinen, dass Friedrich seinen Bruder als Sündenbock missbraucht habe, um von seinem eigenen Versagen als Feldherr abzulenken, und seine Verachtung für den jüngeren Bruder später auf Friedrich Wilhelm übertragen habe.
Im Alter von drei Jahren ließ der König seinen Neffen ins Berliner Stadtschloss bringen. Mit vier Jahren erhielt er den Schweizer Gelehrten Nicolas de Beguelin als Hauslehrer. Im Alter von fünf Jahren konnte Friedrich Wilhelm bereits lesen und schreiben.[2] Er wurde zudem in Mathematik, Jura, Philosophie und Geschichte unterrichtet.[3] Eine Erziehung, die Friedrich Wilhelm auf die Regierungsgeschäfte eines Königs vorbereitet hätte, erhielt er jedoch nicht.
Für die militärische Ausbildung Friedrich Wilhelms wählte der König den belesenen und hochgebildeten Major Adrian Heinrich von Borcke aus.[1] Eine Instruktion Friedrichs II. an Borcke aus dem Jahr 1751 lautet: „Wenn das Kind Lust haben sollte, lateinisch, polnisch oder italienisch zu lernen, so soll dies nur von ihm abhängen.“
Nachdem Friedrich Wilhelms Vater am 12. Juni 1758 gestorben war, ernannte Friedrich II. seinen Neffen zum Prinzen von Preußen bzw. zum Thronfolger. Um den Fortbestand der Dynastie weiter abzusichern, verheiratete er den 20-jährigen Friedrich Wilhelm mit Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel, der Tochter von Herzog Karl I. zu Braunschweig-Wolfenbüttel und Friedrichs Schwester Philippine Charlotte von Preußen. Friedrich Wilhelm übernahm jedoch bürgerliche Liebesvorstellungen. Er lehnte die ihm aufgezwungene Ehe ab und wandte sich Mätressen zu, was konservative Mitglieder am preußischen Hof und besonders der König missbilligten.[4] Bereits 1764 hatte der Prinz die Tochter eines Musikers namens Wilhelmine Encke (1753–1820) kennengelernt. Elisabeth Christine revanchierte sich, indem sie ihrerseits außereheliche Beziehungen pflegte.
Als nach vierjähriger Ehe anstatt eines Stammhalters lediglich 1767 eine Tochter zur Welt gekommen war und die Öffentlichkeit von Seitensprüngen Elisabeths erfuhr, sorgte Friedrich mit dem Einverständnis Friedrich Wilhelms für die rasche Scheidung am 18. April 1769. Elisabeth Christine musste den Titel „königliche Hoheit“ ablegen und als „Durchlaucht“ mit einer kleinen Pension in Stettin leben, wo sie 1840 starb.[5] Der König gab Friedrich Wilhelm die Schuld am Scheitern der Ehe. Er schrieb in seinen Memoiren:[6]
„Der Ehemann, jung und ohne Sitten, […] brach seiner Frau täglich die Treue. […] Die Prinzessin, die in der Blüte ihrer Schönheit stand, fand sich von der geringen Aufmerksamkeit, die man ihren Reizen zollte, beleidigt, fühlte sich angestachelt, sich für das Unrecht, das man ihr angetan hatte, zu rächen“
Nach der Scheidung begannen am Potsdamer Hof sofort Aktivitäten zur erneuten Vermählung des Thronfolgers. Die Dynastie brauchte einen Stammhalter. Friedrich II. entschied sich für die Prinzessin Friederike Luise von Hessen-Darmstadt. Diese erfüllte den Wunsch ihrer neuen Familie und brachte am 3. August 1770 einen Sohn, den späteren König Friedrich Wilhelm III., zur Welt und in folgenden Jahren noch weitere sechs Kinder.
Im Jahr 1777 erkannte Friedrich II. zähneknirschend Encke als offizielle Mätresse an.[6] Encke erhielt vom König eine jährliche Apanage von 30.000 Talern und ein Haus in Charlottenburg.
Friedrich II. zielte auf eine öffentliche Demütigung seines Thronfolgers ab. So äußerte er gegenüber dem kaiserlichen Diplomaten sein Bedauern, dass nicht sein anderer Neffe, Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, ihm auf den Thron nachfolge könne.[1] Der Kunsthistoriker Alfred Hagemann interpretiert dieses Verhalten so, dass Friedrich durch die gezielte Demontage seines eigenen Nachfolgers sein eigenes Bild in der Geschichte aufwerten wollte.
Spätestens die beiden von Friedrich II. arrangierten Zwangsehen führten zu dem spannungsgeladenen Verhältnis zwischen König und Thronprinz. Friedrich Wilhelm begann sich immer mehr von Friedrich II. charakterlich abzugrenzen: Lebte König Friedrich II. in einer reinen Männerwelt, baute sich der Thronprinz ab den 1760er Jahren ein emotionales und bürgerliches Liebesleben mit Wilhelmine Encke auf. Während Friedrich II. sich kritisch mit der Religionsausübung beschäftigte, war Friedrich Wilhelm II. ein frommer Protestant. War Friedrich II. nur Förderer der französischen Kultur, unterstützte Friedrich Wilhelm II. deutschsprachige Musik und deutschsprachiges Theater. Während Friedrich Wilhelm der II. als König repräsentative Auftritte suchte, zog sich Friedrich II. in kleine elitäre Kreise zurück.
Eine weitere mögliche Ursache für die Verachtung des Thronfolgers ist in der Endphase des Siebenjährigen Krieges zu suchen. Friedrich II. sah die Beliebtheit des Thronfolgers bei den Soldaten mit Sorge, da sie seinen eigenen militärischen Ruhm zu überstrahlen drohte. 1762 nahm der Prinz von Preußen an der Belagerung von Schweidnitz und der Schlacht von Burkersdorf teil. Zwar lobte Friedrich II. ihn für seine Tapferkeit zunächst und ernannt ihn zum Kommandeur eines Potsdamer Infanterieregiments, doch im Laufe der Zeit änderte sich das Verhältnis zwischen dem Monarchen und seinem Thronfolger.
Obwohl Friedrich II. seinen Neffen eine bildungsreiche Erziehung zuteilte, versäumte er es – wohl absichtlich –, seinen Thronfolger in politische Vorgänge und Zusammenhänge einzuführen. Friedrichs Lebensstil und Staatsauffassung unterschieden sich grundlegend von denen seines Neffen. Friedrich lebte ostentativ nach dem Grundsatz, Erster Diener seines Staates sein zu wollen. Stattdessen widmete er sich zunehmend der Politik und der Regierungsarbeit und kümmerte sich teilweise um kleinste Details. Friedrich wechselte seine Berater und Beamten sehr oft aus und delegierte nur ungern Aufgaben und Macht an andere. Er herrschte bis zuletzt als Autokrat.
Friedrich der Große starb in der Nacht zum 17. August 1786, frühmorgens um 2.19 Uhr, im Alter von 74 Jahren in Schloss Sanssouci. Der verstorbene König war am Ende seines Lebens längst nicht mehr populär gewesen, und sein Tod löste in Preußen keine große Trauer aus.[7] Einige Zeitzeugen behaupten übereinstimmend, dass auf den Straßen Berlins der Satz "Gott sei Dank, das alte Ekel ist endlich tot" getönt haben soll.[8][9]
Wie geplant folgte Friedrich dem II. (auch bekannt als Friedrich der Große) sein Neffe als König Friedrich Wilhelm II. von Preußen auf den Thron. Bei seinem Regierungsantritt war der neue König sehr beliebt, und das Volk erhoffte sich eine allgemeine Besserung seiner Lage. Friedrich Wilhelm II. besichtigte noch am 17. August 1786 die Gruft auf der Terrasse von Schloss Sanssouci.[10] Dort, so hatte es Friedrich II. in seinem Testament verfügt, wollte er neben seinen Hunden begraben werden.
„lch habe als Philosoph gelebt und will als solcher begraben werden, ohne Gepränge, ohne feierlichen Pomp, ohne Prunk. lch will weder geöffnet, noch einbalsamiert werden. Man bestatte mich in Sanssouci auf der Höhe der Terrassen in einer Gruft, die ich mir habe herrichten lassen.“
Bis auf den Aspekt der Einbalsamierung nahm Friedrich Wilhelm II. keine Rücksicht auf die Wünsche seines Onkels.[10] Er bestattete Friedrichs Leichnam am 9. September 1786 mit einer prachtvollen Prozession in der Garnisonkirche. Sein Sarg lag ausgerechnet neben dem des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., unter dem Friedrich II. in seiner Kindheit sehr gelitten hatte.[10] Die schlichte Begräbnisstätte kam zwar Friedrich durchaus entgegen, konnte aber dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Friedrich Wilhelm II. nun eine Umverkehrung der Machtverhältnisse betonen wollte.
Ein weiterer Bruch bestand in der Rückverlegung der Residenz von Potsdam nach Berlin. Lebte Friedrich II. in Potsdam von seinem Volk distanziert und zurückgezogen, prägte Friedrich Wilhelm II. mit seinen festlichen Umzügen, den abendlichen Oper- und Theaterbesuchen das kulturelle Leben in Berlin. Im Berliner Stadtschloss bezog er das ehemalige Appartement Friedrich Wilhelms I. im Nordwesttrakt. Die neunundzwanzig Räume des Königs wurden komplett im klassizistischen Stil umgestaltet.[11] Er schaffte die verhasste Kaffeesteuer ab, verteilte Orden, Auszeichnungen und Rangerhöhungen, unter denen auch die von Johann Christoph von Woellner und Hans Rudolf von Bischoffwerder waren.[4]
Da sein Onkel ihn nicht in die politischen Abläufe eingeführt hatte, konnte Friedrich Wilhelm den Staat nicht wie jener von seinem Schreibtisch aus regieren. An die Stelle der Selbstregierung seiner Vorgänger trat eine Kabinettsregierung. Je nach Jahreszeit ließ der König das Kabinett zwischen 5 und 6 Uhr versammeln.[12] Sie unterrichteten ihn durch Vorträge und Korrespondenz oder berieten ihn in politischen Fragen. Daraufhin traf der König Entscheidungen und teilte sie dem Kabinett mit, das die Befehle des Königs verschriftlichte. Um etwa 3 Uhr reichte das Kabinett per Boten die entsprechenden Akten dem König zu, um sie unterschreiben zu lassen. Die Boten brachten die unterschriebenen Akten wieder zu den Kabinettmitgliedern, welche die Akten dann an die entsprechenden Behörden weiterleiteten. Der König brauchte häufig nicht länger als 5 Stunden für die Regierungsgeschäfte.[11]
Wie alle Landesherren des Heiligen Römischen Reiches war Friedrich Wilhelm II. als summus epicospus Kirchenoberhaupt in seinem Territorium.[13] Der tiefgläubige Protestant sah die Religion als Garant der öffentlichen Ordnung an.[14] Obwohl er sich offen zur Reformation bekannte, sicherte Friedrich Wilhelm II. im Religionsedikt von 1788 seinen Untertanen Religionsfreiheit zu. In Artikel 2 des Religionsediktes stellte er namentlich Juden unter landesherrlichen Schutz.[14] Friedrich Wilhelm führte die tolerante Religionspolitik im Preußen des 17. und 18. Jahrhunderts durchaus weiter. Dies blieb auch weiterhin erforderlich, da mit den Polnischen Teilungen eine hauptsächlich katholische Bevölkerung ins protestantische Preußen integriert werden musste. Um den Religionsfrieden zwischen den Konfessionen aufrechtzuerhalten, griff Friedrich Wilhelm jedoch auch zu drastischen Maßnahmen. So ging das Religionsedikt von 1788 davon aus, dass rationalistische Spekulationen im Religionsbereich (siehe Religionskritik der Aufklärung), wie sie etwa der Aufklärer Immanuel Kant führte, zu einem fehlenden Zusammenhalt zwischen den christlichen Konfessionen führen würde.[15]
„Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, thun kund und fügen hiermit jedermann zu wissen, […] dass in den preußischen Landen die christliche Religion den protestantischen Kindern in ihrer alten ursprünglichen Reinheit und Echtheit erhalten und wiederhergestellt werde, auch den Unglauben ebenso wie den Aberglauben, der Verfällschung der Grundwahrheiten des Glaubens der Christen und der daraus entstehenden Zügellosigkeit der Sitten, so viel an uns ist, Einhalt zu gebieten.“
Das Religionsedikt führte neue Zensurmechanismen ein, die eine einheitliche Glaubenslehre in allen Texten gewährleisten sollten, die an Schulen und Universitäten verwendet wurden. Die obersten Verwaltungsorgane der Kirchenbehörden wurden rechtlich gestärkt. Es wurden staatliche Kontrollverfahren eingeführt, die die Gesinnung von Bewerbern in kirchlichen Bereichen überprüften. Religiöse Wahrheit, so das Religionedikt, könne nur unter Berufung auf biblische Schriften, vermittelt und verbreitet werden. Pfarrer, Lehrer und Theologen, die sich dem widersetzten, durften ihren Beruf nicht mehr ausüben. Das Edikt löste heftige Debatten in Preußen aus, so dass er diesem das Zensuredikt vom 19. Dezember 1788 folgen ließ, in dem die persönlichen Freiheiten wieder eingeschränkt wurden.[4]
„Da ich auch vernehme, dass die Preßfreiheit in Berlin in Preßfrechheit ausartet und die Bücherzensur eingeschlafen ist […]: So habt ihr gegen die Buchdrucker und Buchhändler sofort Fiscum zu erzitieren und Mir übrigens Vorschlag zu tun, wie die Bücherzensur auf einem besseren Fuß eingerichtet werden kann. Ich will meinen Untertanen alle erlaubten Freiheiten gern akkordieren, aber ich will auch Ordnung im Land halten, welche durch die Zügellosigkeit der jetzigen sogenannten Aufklärer, die sich über alles wegsetzen, gar sehr gelitten hat“
Ein anderer wesentlicher Faktor in der preußischen Innenpolitik war die Beibehaltung der alten Verwaltungsstruktur sowie der Beamten und Offiziere Friedrichs des Großen. Die meisten von ihnen waren bereits seit 1763 im Amt, und Friedrich hatte sie aus Dankbarkeit in seinen Diensten behalten. Sie hatten in ihren jüngeren Tagen viel für Preußen und seinen damaligen König getan. Inzwischen waren viele von ihnen über 65, manche sogar über 70 Jahre alt. Das wirkte sich auf die Staatsverwaltung aus. Noch größer waren die Wirkungen im militärischen Bereich. Die Veteranen des Siebenjährigen Krieges waren nicht in der Lage, den französischen Volksheeren nach 1789 entscheidend gegenüberzutreten, weil sie die neuen militärischen Konzepte der Franzosen ignorierten.[4]
Friedrich Wilhelms Außenpolitik war durch die Erschütterungen und Abwehr der transatlantischen und europäischen Revolutionen gekennzeichnet. Ermutigt durch die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika bildete sich in der Niederländischen Republik die Opposition der sogenannten Patriotten. Im Laufe der 1780er Jahre wurde der Erbstatthalter Wilhelm V., der Schwager Friedrich Wilhelms II., weitgehend von den Patriotten entmachtet.[16] Dennoch schreckte Friedrich Wilhelm II. zunächst von einer Intervention in den Niederlanden zurück: Während Frankreich machtpolitisch die Patriotten stützten wollte, war Großbritannien daran interessiert Wilhelm V. zurück in sein Amt zu hieven. Ein Eingreifen Preußens zugunsten Großbritanniens hätte also einen großen europäischen Krieg entfachen können. Allerdings war Großbritannien noch durch den Verlust seiner amerikanischen Kolonien so geschwächt, dass es nicht in der Lage war militärisch einzugreifen. Auch das Königreich Frankreich konnte wegen seiner innenpolitischen Schwierigkeiten am Vorabend der Französischen Revolution nicht militärisch reagieren. Vorwand für die preußische Intervention war, dass Wilhelmine von Preußen, die Schwester Friedrich Wilhelms II. und Frau des niederländischen Statthalters, von den Patriotten festgehalten wurde.
Am 13. September 1787 marschierten 20.000 preußische Soldaten in die Niederlande ein.[16] Zugleich ließ Friedrich Wilhelm II. die revolutionsähnliche Bewegung der niederländischen Patriotten militärisch verfolgen. Bereits am 10. Oktober 1787 kapitulierte Amsterdam. Wilhelm V. wurde als Statthalter wieder eingesetzt. Die Wiederherstellung des Friedens in der Niederlande verherrlichte der preußische König in Berlin mit dem Bau des Brandenburger Tors.[17] Das Brandenburger Tor orientierte sich an den Propyläen des Perikles (dem Torbau der Akropolis in Athen). Mit dieser Anspielung auf Perikles inszenierte sich der König als Begründer eines goldenen Zeitalters, das aus einer klugen Bündnispolitik, d. h. auf Basis der protestantischen Allianz zwischen Preußen, den Niederlanden und Großbritannien, hervorgeht. Die außenpolitische Realität der nächsten Jahre unterschied sich jedoch deutlich von diesem Anspruch.[17]
Die Führung der Außenpolitik lag zunächst bei dem aus den Diensten Friedrichs II. übernommenen Minister Ewald Friedrich Graf von Hertzberg (1725–1795), der sich völlig von der Idee der preußisch-österreichischen Rivalität leiten ließ (siehe Deutscher Dualismus). Mit Ausbruch des Russisch-Österreichischen Türkenkrieges war zu befürchten, dass Österreich durch große Gebietsgewinne im Balkan die Oberhand über Preußen gewinnen würde.[18] Daher unterstützte Friedrich Wilhelm II. Aufstände in Belgien, Tirol, Galizien, in der Lombardei und in Ungarn gegen die Habsburger. Erst die Französische Revolution ebnete den Weg zu einer Annäherung zwischen Preußen und Österreich.[18] Im Vertrag von Reichenbach vom 27. Juli 1790 versprach Friedrich Wilhelm der II. dem Habsburger Leopold II. seine Stimme für die Kaiserwahl. Außerdem stellte der preußische König seine Unterstützung für die Aufständischen ein. Im Gegenzug war Leopold II. bereit auf die im Russisch-Österreichischen Türkenkrieg gewonnen Gebiete zu verzichten und die Kampfhandlungen einzustellen. Nach dem Vertrag von Reichenbach kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König und seinem Minister. Der König ließ Hertzberg durch Hans Rudolf von Bischoffwerder ersetzen.[4]
Nach Ausbruch der Französischen Revolution und der gescheiterten Flucht der Königsfamilie im Juni 1791 trafen sich Kaiser Leopold II., König Friedrich Wilhelm II. von Preußen und Prinz Karl von Artois, der Bruder des französischen Königs Ludwig XVI., im August 1791 in Schloss Pillnitz bei Dresden. In der Pillnitzer Deklaration beteuerten sie ihre Verbundenheit mit König Ludwig XVI. Man einigte sich auf die Erklärung, „den König von Frankreich in die Lage zu versetzen, in vollkommener Freiheit die Grundlage einer Regierungsform zu befestigen, welche den Rechten der Souveräne und dem Wohle Frankreichs entspricht“.[19]
Allerdings knüpften Friedrich Wilhelm und Kaiser Leopold II. eine Intervention in Frankreich an die Bedingung, dass Großbritannien sich an dem Feldzug beteiligen würde (was nahezu ausgeschlossen war).[19] Friedrich Wilhelm II. wollte mit der Pillnitzer Deklaration die französische Nationalversammlung lediglich unter Druck setzen, aber keineswegs einen Krieg riskieren.[20]
Die Pillnitzer Deklaration stärkte in Frankreich jedoch radikale und kriegsbeführwortende Kräfte, weshalb am 8. Juli 1792 die französische Nationalversammlung Preußen den Krieg erklärte (Erster Koalitionskrieg).
Am 30. Juli 1792 beteiligte sich der preußische König persönlich an einem Feldzug in die Champagne gegen das revolutionäre Frankreich. Etwa 10 Kilometer westlich von Sainte-Menehould im Département Marne, kam es am 20. September zur Kanonade von Valmy, einem Artillerieduell der Revolutionsarmee mit den Truppen Friedrich Wilhelms. Das Gefecht brachte den Vormarsch der Invasoren zum Stillstand und erlangte dadurch historische Bedeutung. Geschwächt durch Krankheit, Hunger und Regen, trat die Koalitionsarmee zehn Tage später, ohne einen weiteren Schuss abgegeben zu haben, den Rückzug an. Obwohl Preußen im Elsaß und an der Saar noch durchaus militärische Erfolge errang, hatte sich die Aufmerksamkeit des Königs bereits nach Osten verschoben. Zarin Katharina II. bot Friedrich Wilhelm II. Gebietsgewinne in Polen an. Um seine Verhandlungsposition in Sankt Petersburg zu stärken, zog der preußische König seine Militärkräfte nun hauptsächlich in Polen zusammen. Die französische Front ließ er dagegen immer mehr vernachlässigen.[21] Darüber hinaus überforderte der Zweifrontenkrieg Preußens wirtschaftliche Kräfte. Zum Jahresende 1794 drohte Preußen gar die Zahlungsunfähigkeit, sollte es den Ersten Koalitionskrieg weiterführen. Im Frieden von Basel am 5. April 1795 hatte Friedrich Wilhelm II. den Krieg gegen Frankreich beendet und durch eine Demarkationslinie Neutralität und Frieden nicht nur für Preußen, sondern für ganz Norddeutschland gesichert.[22]
Friedrich Wilhelm wandte seine Aufmerksamkeit Polen zu und schloss am 23. Januar 1793 einen Teilungsvertrag mit Russland, in dem er Danzig, Thorn und Südpreußen erwarb, insgesamt 57.000 km² mit rund 1.100.000 Einwohnern. 1794 kam es zum polnischen Nationalaufstand unter Tadeusz Kościuszko (1746–1817) in Krakau, der von Russland mit preußischer Hilfe niedergeschlagen wurde. Friedrich Wilhelm II. nahm an der Belagerung Warschaus als Oberbefehlshaber teil. In einem weiteren Teilungsvertrag am 3. Januar 1795 zwischen Russland, Österreich und Preußen bekam Friedrich Wilhelm II. Masowien, Warschau und Neuostpreußen zugesprochen. Seit 1791 gehörten auch Ansbach und Bayreuth zum preußischen Herrschaftsgebiet. Damit hatte sich Preußen in Friedrich Wilhelms Regierungszeit um über ein Drittel vergrößert, während die Bevölkerungszahl von 5,4 auf 8,7 Millionen Untertanen angewachsen war.[22]
Die Situation des Zweifrontenkrieges in den Jahren 1793 bis 1795 hatten den preußischen Staat an den Rand des Bankrott getrieben. Hatte Friedrich II. seinem Nachfolger noch einen Staatsschatz von 51 Millionen Taler hinterlassen, beliefen sich die Schulden im Todesjahr des Königs auf 48 Millionen Taler.[23] Die dem König vorgeworfene Verschwendungssucht war im Verhältnis zu den Kriegsausgaben eher gering. Der Bau des Marmorpalais in Potsdam verschlang insgesamt 448745 Taler.[24]
Durch die kräftezehrende Frontaufenthalte während des Ersten Koalitionskrieges und der Dritten Polnischen Teilung schwächte Friedrich Wilhelm seinen ohnehin angeschlagenen Körper.[25] Er litt unter Aszities, Dysposesis und seit seinen Vierzigerjahren auch an Gicht.[26]
1796 unternahm der König einen Kuraufenthalt in Bad Pyrmont. Scheinbar geheilt erklärte sich der König wieder für gesund.[25]
„Barmherziger Gott, welch ein Anblick! Der König ist schwächer und abgemagerter als je, seine Stimme ist so schwach, daß man ihn kaum verstehen kann, wenn er spricht. Trotz dessen ging er ins Theater, aber ach, er hat gar keinen Athem, immer den Mund offen und ist in einem wahrhaft schrecklichen Zustand.“
Anfang Oktober entzog sich Friedrich Wilhelm II. dem Berliner Hofleben. Er verließ das Marmorpalais in Potsdam nicht mehr. Nur wenige Vertraute wie Gräfin Lichtenau, aber auch französische Adlige, die vor der Französischen Revolution geflohen waren, versammelten sich vor dem sterbenden König. Am 9. November 1797 überließ Friedrich Wilhelm seinem Sohn die Regierungsgeschäfte. Aufgrund von Atemnot und Bewegungsunfähigkeit war er dazu selbst nicht mehr in der Lage. Während eines Krampfanfalls starb Friedrich Wilhelm II. am 16. November 1797, morgens um 8:58 Uhr, im Alter von 53 Jahren.
Die Beisetzung des verstorbenen Königs erfolgte am 11. Dezember 1797 mit einer schlichten Prozession. Acht Generalmajore trugen den Sarg. Nach der Predigt wurde der Gottesdienst mit Böllerschüssen beendigt.[27] Das Zeremoniell der Leichenbestattung ist detailliert in der zeitgenössischen Ökonomisch-technologischen Encyklopädie beschrieben worden.[28] Sechs Wochen trug die Hofgesellschaft Trauerkleidung. Am Hof und auch im Land waren in dieser Zeit Vergnügen wie Theater und Musikveranstaltungen verboten. Zusätzliche Gottesdienste wurden veranstaltet.
Friedrich Wilhelm wurde in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms bestattet. Die Gräfin von Lichtenau, die den Sterbenden gepflegt hatte, durfte den Toten nicht mehr sehen und wurde unter Hausarrest gestellt. Friedrich Wilhelm III. ließ die ihm verhasste Geliebte des Vaters in die Verbannung nach Glogau bringen und den größten Teil ihres Vermögens beschlagnahmen.[4]
Dieter Brozat berichtet in Der Berliner Dom und die Hohenzollerngruft (1985), dass der Sarkophag Friedrich Wilhelms II. in der Hohenzollerngruft während des Zweiten Weltkriegs schweren Zerstörungen ausgesetzt war. Beim Wiederaufbau des Doms wurden Teile eines Skeletts gefunden, die auf eine Einbalsamierung des Leichnams schließen lassen. Brozat geht davon aus, dass es sich um Überreste von Friedrich Wilhelm II. handelt.[29]
Der architektonische Wechsel vom Rokoko zum Klassizismus in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. hatte zwei Gründe: Zum einen wollte sich Friedrich Wilhelm II. bewusst von seinem Onkel Friedrich II. bzw. dem Friderizianisches Rokoko abgrenzen. Zum anderen hatte der Klassizismus schon am Ende der Regierungszeit Friedrichs II. sich außerhalb Preußens längst etabliert.[30] Das Brandenburger Tor und die Gestaltung des Neuen Gartens mit dem Marmorpalais folgten genau dieser neuen Mode.
Das Brandenburger Tor war von Friedrich Wilhelm noch als "Friedenstor" gedacht. Im Relief des Brandenburger Tors ließ sich der König als Herakles und seine Schwester Wilhelmine von Preußen, die Erbstatthalterin der Niederlande, als Friedensgöttin Eirene verherrlichen. Das Bauwerk war damit eine Anspielung auf die scheinbare Wiederherstellung des Friedens durch die siegreiche Intervention Preußens in Holland.
Vier Künstler erhielten eine besondere Förderung durch den König. Das waren der Baumeister Carl Gotthard Langhans (1732–1808), Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf (1736–1800), David Gilly (1748–1808) und der Bildhauer Friedrich Wilhelm von Schadow (1762–1850), welcher die Quadriga des Brandenburger Tors und die berühmte Skulptur der Prinzessinnengruppe schuf.[31] Ein weiterer wichtiger Architekt des Königs war Johann Gottlieb Brendel, der den Bau des Schlosses auf der Pfaueninsel leitete. Zwischen seinen Schlössern in Berlin und Potsdam ließ der König im Jahr 1794 die erste Kunststraße Preußens bauen.[32]
Eine besondere Förderung durch den König erhielt nun auch die deutschsprachige Literatur und das deutschsprachige Theater. Der neue König wendete sich von der französischen Kultur ab, die Friedrich II. in Preußen aufgebaut hatte. Im Nationaltheater am Gendarmenmarkt wurden beispielsweise Dramen von Friedrich Schiller, aufgeführt.[30] In der Königlichen Oper wurden Werke von Johann Friedrich Reichardt und Wolfgang Amadeus Mozart gespielt.[33] Berlin entwickelte sich in Konkurrenz zu Weimar und Wien zu einem kulturellen Zentrum der Klassik.[33] Der König selbst war ein leidenschaftlicher Cellospieler. Wenn es die Regierungsgeschäfte zuließen, verbrachte er etwa 2 Stunden täglich mit dem Instrument.[11]
Als folgenreiche Grundproblematik erwies sich die Beziehung zu König Friedrich II. Die ihm von Friedrich II. aufgezwungene Ehe mit Friederike Luise von Hessen-Darmstadt entsprach nicht dem Rang eines zukünftigen Königs von Preußen. Die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt galt als drittklassige Macht, während Preußen auf einer Stufe mit den Großmächten Frankreich, Großbritannien, Österreich und Russland stand.[34] Schon dieser Aspekt führte zu einem schlechten Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm und Friederike. Außerdem verletzte die Zwangsehe Friedrich Wilhelms Wunsch nach einer frei gewählten Liebesehe, wie sie die zeitgenössische literarische Strömung des Sturm und Drang forderte.[4]
Die angespannte Ehe übertrug sich auch auf Friedrich Wilhelms Thronprinz und Sohn, den späteren Friedrich Wilhelm III.. Als der Thronprinz im Jahr 1770 geboren wurde, schrieb Friedrich Wilhelm II. an seine Mätresse Encke: „ich wünschte das dieses ding niemals das licht gesehen hätte“.
Familienidylle suchte Friedrich Wilhelm II. bei seiner Mätresse Wilhelmine Encke. Dies war der Grund dafür, dass Friedrich Wilhelm III. nach dem Tod Friedrich Wilhelms II. als eine seiner ersten Amtshandlungen Encke sofort verhaften ließ, eine, wie sich erwies, ergebnislose Untersuchung einleitete, und sie erst Jahre später rehabilitierte.[4] Der Form halber heiratete Encke einen Kammerdiener namens Johann Friedrich Ritz, was aber nichts an dem Verhältnis mit dem späteren Friedrich Wilhelm II. änderte. Gemeinsam mit dem König hatte sie fünf Kinder, doch nur die Tochter Marianne (1780–1814) lebte längere Zeit. Nach seiner Thronbesteigung übereignete Friedrich Wilhelm ihr zugunsten Mariannes sein Palais Görne.[35] In dem durch Umbauten von Carl Gotthard Langhans verschönerten Palais richtete sich Wilhelmine Encke einen privaten Nebenhof ein. Sie beriet den König in künstlerischen Fragen, kaufte Kunstwerke oder gab diese in Auftrag. Auf diese Weise übte sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung der königlichen Wohnungen aus, vor allem im Marmorpalais. Ihr politischer Einfluss auf den König ist dagegen umstritten, war jedoch eher gering. Trotzdem erhielt sie den Beinamen einer preußischen Madame de Pompadour. [36] Am 28. April 1796 erhob Friedrich Wilhelm sie zur Gräfin von Lichtenau. Am 17. September 1796 folgte die offizielle Einführung der Gräfin bei Höfe.
Neben Wilhelmine Encke hatte Friedrich Wilhelm nach seiner Thronbesteigung weitere Mätressen. Im Jahr 1787 ließ er sich morganatisch mit Julie von Voß trauen, die nach der Geburt eines Sohnes 1789 starb. Pünktlich nach Ablauf des Trauerjahres heiratete er morganatisch seine neue Geliebte Sophie Juliane von Dönhoff. Sie alle spielten aber im Vergleich zur Gräfin Lichtenau eine untergeordnete Rolle. War Julie von Voß nur eine von mehreren Geliebten, versuchte Gräfin Dönhoff ihre Rivalin Wilhelmine auszuschalten, entwickelte zugleich politischen Ehrgeiz und wollte Bischoffwerder stürzen. Der König wurde ihrer überdrüssig, doch ließ sich Dönhoff nicht abschütteln. Während der Waffenruhe nach der Kanonade von Valmy verlangte sie im Feldlager des Königs von ihm „durch Toben, Weinen und Zanken“ den Abbruch der Verhandlungen und die Fortsetzung des Feldzugs. Dass sie dies im Auftrag des britischen Diplomaten Lord Henry Spencer unternahm, wurde Friedrich Wilhelm klar, als ihm Wilhelmine enthüllte, wie Spencer versucht hatte, auch sie zu bestechen. Entlarvt ging Dönhoff in die „freiwillige Verbannung“ nach der Schweiz ins preußische Fürstentum Neuchâtel.[37]
Einer der wichtigsten Ratgeber in der Innenpolitik Friedrich Wilhelms II. war Johann Christoph Woellner.[38] Er lernte Friedrich Wilhelm II. noch als Kronprinz kennen. Als hohes Mitglied der Rosenkreuzer trug er zu den spiritistischen Neigungen Friedrich Wilhelms II. bei. Jedoch sollte der König keineswegs als willige „Marionette“ von Woellner angesehen werden.[12] Der König traf seine Entscheidungen hauptsächlich selbst. Woellners politischer Einfluss war dabei durchaus auch von aufklärerischen Ansätzen geprägt. Woellner hatte an der Universität Halle studiert und Schriften über eine Landreform in Preußen verfasst. Er forderte sogar die Abschaffung der Leibeigenschaft, was Friedrich Wilhelm II. ihm jedoch verweigerte.
Erwähnenswert ist noch eine andere Neigung Friedrich Wilhelms, nämlich der Okkultismus. Der Thronfolger hatte sich dem Orden der Gold- und Rosenkreuzer zugewandt. Die Lehren dieses Ordens waren schwer durchschaubar und basierten auf einem Gemisch aus Bibeltexten, Theosophie, Mystizismus, Alchemie und Kabbalistik. Der Orden fühlte sich von Gott beauftragt, Millionen von Seelen vor dem Bösen zu retten. Zwei der führenden Ordensvertreter waren Johann Christoph von Woellner und Johann Rudolf von Bischoffwerder. Diesen gelang es, den Kronprinzen von ihren Lehren zu überzeugen. Sie inszenierten spiritistische Sitzungen, in deren Verlauf dem König vorgespielt wurde, mit seinen verstorbenen Vorfahren zu reden und sich Rat von ihnen zu holen. Zeitweise beteiligte sich auch Wilhelmine Encke an diesem Spuk, um ihre eigene Position zu festigen. Der Rat seiner Vorfahren fiel selbstverständlich immer im Sinne des Ordens aus, und bald nach der Thronbesteigung ihres Schülers stiegen Woellner und Bischoffswerder in wichtige Staatsämter auf. Zusammenfassend ist allerdings zu bemerken, dass Friedrich Wilhelms spiritistische Neigungen und das Günstlingswesen durchaus zeittypisch waren und nicht überbewertet werden sollten.[39]
Die historische Bewertung der Person Friedrich Wilhelms II. fällt zwiespältig aus. Dabei muss beachtet werden, dass seine Regierung in eine Zeit fällt, die von enormen gesellschaftlichen Umwälzungen in Europa geprägt war. Friedrich Wilhelm traf in seiner Position als typischer Vertreter des Ancien Regime auf die neuen Strömungen von Aufklärung und Französischer Revolution.[40] Diesen Herausforderungen, die einher gingen mit einer Legitimationskrise der traditionellen Monarchie, war er als Absolutist in keiner Weise gewachsen. Aus Angst vor einem Export der Revolution reagierte Friedrich Wilhelm daher nicht mit dringend notwendigen politischen und gesellschaftlichen Reformen, wie sie erst nach der Niederlage gegen Napoleon umgesetzt wurden (siehe Preußische Reformen).[40] Auf der anderen Seite sind bereits im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten Anfänge einer rechtsstaatlichen Struktur zu erkennen, die zwar zu großen Teilen noch unter Friedrich II. erarbeitet worden war, aber von Friedrich Wilhelm II. im Jahr 1794 in Kraft gesetzt wurde und bis 1900 Gültigkeit hatte.[39] Darüber hinaus sicherte Friedrich Wilhelm mit dem Religionsedikt vom 9. Juli 1788 seinen Untertanen Religionsfreiheit zu. Positiv aus preußischer Sicht waren auch seine Gebietsgewinne aus der Zweiten und Dritten polnischen Teilung.
Die einseitig negative Wertung Friedrich Wilhelms II. geht teilweise zurück auf seinen Onkel Friedrich II.[1] Friedrich II. zielte auf eine öffentliche Demütigung seines Thronfolgers ab. So äußerte er gegenüber dem kaiserlichen Diplomaten sein Bedauern, dass nicht sein anderer Neffe, Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, ihm auf den Thron nachfolge könne.[1] Der deutsche Kunsthistoriker Alfred Hagemann interpretiert dieses Verhalten so, dass Friedrich durch die gezielte Demontage seines eigenen Nachfolgers sein eigenes Bild in der Geschichte überhöhen wollte.
Im 19. Jahrhundert wurde das Bild Friedrich Wilhelms II. zumeist klischeehaft überzeichnet und von dem unter ihm herrschenden Mätressen- und Günstlingswesen bestimmt. Dabei waren Mätressen im 18. Jahrhundert an nahezu allen europäischen Höfen präsent.[41] Zur Zeit Friedrich Wilhelms II. war dies am Hof akzeptiert, da die offiziellen Ehen politischen Zwecken dienten und daher in der Regel keine Liebesbeziehungen waren. Der Aufstieg des Bürgertums und die Verbreitung seiner Werte stellten jedoch diese höfischen Moralvorstellungen Ende des 18. Jahrhunderts infrage:
„Zur Zeit Friedrich Wilhelms des Zweiten herrschte die größte Liederlichkeit. Alles besoff sich in Champagner, fraß die größten Leckereien, frönte allen Lüsten. Ganz Potsdam war ein Bordell; alle Familien dort suchten nur mit dem Könige, mit dem Hof zu tun zu haben, Frauen und Töchter bot man um die Wette an, die größten Adelichen waren am eifrigsten.“
Dazu gehören auch seine spiritistischen Neigungen, insgesamt eine weitere Erscheinung, die bei näherer Betrachtung als durchaus zeittypisch und vergleichsweise harmlos anzusehen ist. Friedrich Wilhelm II. kam in den elf Jahren seiner Regierung nicht aus dem langen Schatten seines Vorgängers heraus. Er wurde bereits zu Lebzeiten im Volk häufig Der dicke Lüderjahn (Taugenichts) genannt.[22]
Für die ehemalige Berliner Siegesallee schuf der Bildhauer Adolf Brütt in der Denkmalgruppe 29 ein Standbild Friedrich Wilhelms II. Enthüllt wurde es am 22. März 1900. Brütt gelang es, Friedrich Wilhelm II. als bequemen Genussmenschen darzustellen, ohne der Figur die unerlässliche königliche Würde zu nehmen. Die elegante Generalsuniform der Zeit, der Degen und das Ordensband des Schwarzen Adlers betonen die Würde, während die legere Haltung, der Spazierstock, die weiche Hand mit wulstigen Fingern und das schwammig gezeichnete Gesicht „den Eindruck von Körperfülle und Dekadenz“ vermitteln.[42] Als Seitenbüsten waren der Figur Johann Heinrich Casimir von Carmer und Immanuel Kant zugeordnet. Das Denkmal ist, allerdings ohne Kopf, erhalten und ruht zusammen mit weiteren Siegesalleefiguren seit Mai 2009 in der Zitadelle Spandau.
Erste Ehe 1765–1769: Prinzessin Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Ehe wurde 1769 geschieden. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor:
Zweite Ehe 1769: Prinzessin Friederike Luise von Hessen-Darmstadt. Mit ihr hatte er folgende Kinder:
Darüber hinaus pflegte er neben vielen anderen eine außereheliche Beziehung zu Wilhelmine von Lichtenau, die ihm u. a. seinen Lieblingssohn, den Grafen Alexander von der Mark (1779–1787), schenkte, zudem:
Am 7. April 1787 ging der König eine morganatische Ehe mit Julie von Voß (1766–1789) ein. Am 12. November 1787 erhob er sie zur Gräfin von Ingenheim. Die beiden hatten den Sohn Gustav Adolf von Ingenheim (1789–1855).
Am 11. April 1790 vermählte sich Friedrich Wilhelminin morganatisch mit Gräfin Sophie von Dönhoff. Aus dieser Ehe gingen ein Sohn, Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792–1850), und eine Tochter hervor, Gräfin Julie von Brandenburg (1793–1848), die ihrerseits durch morganatische Heirat mit Ferdinand von Anhalt-Köthen Herzogin wurde.
Stammtafel Friedrich Wilhelm II. von Preußen (1744–1797) | ||||||||
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Großeltern | Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688–1740) |
Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Bevern (1680–1735) |
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Eltern | August Wilhelm Prinz von Preußen (1722–1758) |
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Friedrich Wilhelm II. (Preußen) (1744–1797) |
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Ehe mit | ∞ 1765 |
∞ 1769 |
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Kinder | Friederike (1767–1820) |
Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770–1840) |
Ludwig (1773–1796) |
Wilhelmine von Preußen (1774–1837) |
Auguste (1780–1841) |
Wilhelm (1783–1851) |
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Enkelkinder | – |
Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) |
Friedrich Wilhelm Ludwig (1794–1863) |
Wilhelm II. (1792–1849) |
? |
? |
Adalbert (1811–1873) |
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Friedrich II. | Kurfürst von Brandenburg 1786–1797 |
Friedrich Wilhelm III. |
Friedrich II. | König von Preußen 1786–1797 |
Friedrich Wilhelm III. |
Personendaten | |
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NAME | Friedrich Wilhelm II. |
KURZBESCHREIBUNG | König von Preußen (1786–1797) |
GEBURTSDATUM | 25. September 1744 |
GEBURTSORT | Berlin, Brandenburg, Königreich Preußen, Heiliges Römisches Reich |
STERBEDATUM | 16. November 1797 |
STERBEORT | Potsdam, Brandenburg, Königreich Preußen, Heiliges Römisches Reich |